Biographische Angaben aus dem Handbuch der Deutschen Kommunisten:

(* 1895 – † 1944)
Geboren am 4. Oktober 1895 in Baku, Sohn eines deutschen Ingenieurs, die Mutter war Russin. Richards Großvater, Friedrich-Adolph Sorge, war ein Freund von Karl Marx und Mitbegründer der I. Internationale, sein Vater Adolph hingegen unpolitisch. 1898 übersiedelte die Familie nach Berlin, wo Richard Sorge in gutbürgerlichen Verhältnissen aufwuchs. Bei Ausbruch des Krieges meldete er sich als Freiwilliger, wurde an der Front dreimal verwundet, daraufhin 1916 demobilisiert. Zum Kriegsgegner geworden, trat er während der Studienzeit in Kiel 1918 der USPD bei, promovierte im gleichen Jahr in Hamburg und ging anschließend als Assistent an die TH Aachen. Im Dezember 1919 Mitglied der KPD, war von November 1920 bis Ende 1921 Redakteur am Parteiorgan »Bergische Arbeiterstimme« in Solingen. Dank seiner Bildung und Befähigung wurde er rasch ein wichtiger KPD-Funktionär im Rheinland. Im offiziellen Protokoll des VII. Parteitag im August 1921 ist er als »Dr. Richard Sorge, Delegierter aus Rheinland-Westfalen« namentlich und damit öffentlich registriert. Als er sogar in den ZA gewählt werden sollte, verzichtete er zugunsten älterer Kandidaten. Bereits 1921 erschien in Solingen: R. J. Sorge: »Rosa Luxemburgs Akkumulation des Kapitals. Bearbeitet für die Arbeiterschaft«. Er war damals also schon ein bekannter Kommunist, um so erstaunlicher, daß diese politische Vergangenheit des späteren »Meisterspions« der UdSSR nicht früher publik wurde. In der KPD sympathisierte Sorge bald mit den Versöhnlern und war mit Ernst Meyer verbunden. Darüber berichtete Rosa Meyer-Leviné in ihren Erinnerungen: »Einer aber gelangte wirklich zu Weltruhm – Richard Sorge. Ilka, wie er später mit Spitznamen hieß, und seine Frau Christiane arbeiteten beide in Weils Institut [für Sozialforschung Frankfurt]... Sorge war Anfang dreißig, hochgewachsen, von natürlicher Eleganz ... Ende 1924 gingen die Sorges nach Moskau – sie, um im Marx-Engels-Institut zu arbeiten, er mit einem mir unbekannten Auftrag.« Zunächst reiste Sorge (vermutlich bereits für den sowjetischen Geheimdienst) nach England. Er kam von dort zurück, weil er sich von der KPD und KPdSU im Stich gelassen fühlte und arbeitete nun endgültig als Spion für die Sowjetunion. Seine berühmte und viel beschriebene Agenten-Karriere begann 1929 in Shanghai. Sorge wurde Fernost-Korrespondent der angesehenen »Frankfurter Zeitung«, ging 1933 nach Tokio, fungierte als »Führer« der deutschen NSDAP-Ortsgruppe und »rechte Hand« des deutschen Botschafters Eugen Ott. Schon frühzeitig wurde Moskau von Sorge über Hitlers Angriffspläne gegen die UdSSR (was Stalin bekanntlich nicht glaubte) informiert, auch darüber, daß Japan die Sowjetunion nicht überfallen werde. Er und seine Mithelfer wurden am 18. Oktober 1941 in Tokio verhaftet, und 1944 zum Tode verurteilt. Als einer der berühmtesten Spione der Weltgeschichte wurde Richard Sorge am 7. November 1944 in Japan gehängt.

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