Abstract
In: Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung 2008. Berlin. Aufbau-Verlag, S. 114-130
Obgleich in der DDR kein stalinistischer Schauprozess wie in anderen Ländern Osteuropas Ende der Vierziger und Anfang der Fünfzigerjahre stattgefunden hat, fehlte es von 1949 bis 1953 nicht an zwei großen Initiativen und Verhaftungen führender Kommunisten der Westemigration sowie von KPD und SED-Spitzenfunktionären, um einen solchen Prozess inszenieren zu können. Deutschlandpolitische Erwägungen oder der Tod Stalins bildeten nur eingeschränkt eine Hürde. Und dennoch mussten die Vorhaben trotz des sowjetischen Drucks, machteigener Interessen im SED-Politbüro und der Umtriebigkeit des Staatssicherheitsdienstes, der mit den Geheimdiensten Ungarns und der Tschechoslowakei zusammenarbeitete, was zum ersten Mal authentisch belegt werden kann, abgebrochen werden. Die unmenschliche Bilanz: vier Tote, vier Gulag-Urteile, sieben geheime und rechtswidrige DDR-Verfahren, drei langjährige Verhaftungen mit Zwangsisolierungen und ohne Urteil, gipfelte letztlich in einem neuen Komplottversuch. Innerparteilich und gesellschaftlich aufgebaute Feindbilder wirkten jedoch über Jahrzehnte hinweg.