Innenhof Hohenschönhausen
© Elguja (Giorgi) Kakabadze

Im Rahmen des internationalen Projektes „Memory Work“ von der „Bundestiftung zu Aufarbeitung der SED Diktatur“ reiste ich Ende Februar 2021 nach Berlin, um dort meinen dreimonatigen Arbeitsaufenthalt bei der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen zu absolvieren. Am 4. März erfolgte mein erster Arbeitstag – zunächst aus dem Home-Office – in Berlin-Hohenschönhausen. Trotz schwieriger Corona-Lage war mein Aufenthalt produktiv und interessant. Die Arbeit in der Gedenkstätte war vielfältig. An erster Stelle stand die umfängliche Recherche zu politischen Häftlingen und Insassen des ehemaligen Stasi-Gefängnisses Berlin-Hohenschönhausen. Dabei bearbeitete ich vor allem die MfS-Akten von BStU (Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen), womit man in die Gefängnis-Alltag einen Blick schaffen könnte. Neben den BStU-Akten standen uns auch Unterlagen der FES (Friedrich Ebert Stiftung), die Informationen zum ehemaligen Stasi-Gefängnis in Hohenschönhausen enthalten, zur Verfügung. Damit könnten wir die Informationen aus den BStU- Akten abgleichen und bestehende Wissenslücken teilweise schließen.

Während meines Aufenthalts in HSH wurde eine neue Ausstellung zum Thema SGAK geplant, die im Jahr 2022 eröffnet werden soll. SGAK ist die Abkürzung für „Strafgefangenenarbeitskommando“. Neben den Untersuchungshäftlingen waren in Hohenschönhausen auch Strafgefangene inhaftiert, deren Arbeitskraft die Stasi in verschiedenen Bereichen (z.B. Küche, Werkstätten, Reinigung) einsetzte, um den Gefängnisbetrieb aufrecht zu erhalten. Die Ausstellung wird diesen bisher weitgehend unerforschten Bereich des MfS-Haftbetriebs beleuchten und Einblicke in den Alltag der inhaftierten Männer und Frauen geben. Ein weiter Punkt in dieser und auch der Recherche waren die Zeitzeugen-Interviews. Davon habe ich viel über den Alltag des Gefängnisses und über die Gefühle der eingesperrten Menschen ergriffen. Die Erinnerung von anderer Seite von Insight gesehen und über die Gedächtnispolitik die neuen Gedanken gemacht. Nebenan vertiefte ich meine Kenntnisse der Techniken und Methoden von „Oral History“, wie z.B. Interviewerstellung, Fragenentwicklung und
Interviewführung.

Neben der Büroarbeit besuchten wir verschiedene Erinnerungsorte ehemaligen Ostberlin. Ich würde diesen Ausflug „auf die Spüre der Stasi“ nennen. Während der Besichtigung „Auf die Spüre der Stasi“ haben wir die Wege gesehen, womit die ehemaligen Häftlingen ins Gefängnis kamen, die Sperrzonen wo die Leute, die nicht mehr ins DDR leben wollten, erschossen wurden. Herr Engwert (Leiter des Ausstellungsbereich) hat die Menschengeschichten vor Ort ergänzt, er hat uns über gelungenen und misslungenen Fluchtversuchen erzählt, wir haben den Blick in Ostberlin-Alltag vor Ort geschafft und „die Geschichtspolitik auf den Straßen“ (wie z.B. die Namen geändert wurde, wie die Denkmäler eingerichtet und zerstört seien, wie veränderte sich diese Politik mit der Zeit usw.) auseinandergesetzt.

Zum Schluss - trotz der schwierigen Corona-Lage und den damit einhergehenden Einschränkungen für die Arbeit – konnte ich die meisten geplanten Ziele erfüllen können. Ich habe begonnen, aktiv die Vorbereitung der geplanten neuen Ausstellung mitzugestalten. Meine konkreten Aufgaben waren die Sichtung von und Recherche in bestehenden Akten und Dokumenten, die Arbeit vor Ort in der Gedenkstätte im Archiv (sowohl im Zeitzeugen- als auch Sammlungsarchiv), das Erstellen von Grafiken und Tabellen und die Einordnung der Informationen in chronologische, alphabetische oder thematische Zusammenhänge sowie die Erfassung neuer Sammlungsobjekte und deren Aufnahme in die Sammlungsdatenbank.

Der Aufenthalt in Berlin Hohenschönhausen hat mir ein neuer Horizont geöffnet, ich habe nicht nur neue Leute kennengelernt und neue Kenntnisse erworben, sondern auch die neuen Erlebnisse gesammelt. Der Nutzen, den ich mir vor der Bewerbung von dem Arbeitsaufenthalt versprochen habe, wurde bereits erfüllt. Ich konnte die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Ausstellungsabteilung kennenlernen und mich gewinnbringend in die wissenschaftlichen Recherchen sowie die alltäglichen Aufgaben in der Abteilung einbringen. Zudem reflektiere ich die Erfahrungen in der Gedenkstättenarbeit und erstelle konkrete Pläne und Konzepte, wie ich die gesammelte Erfahrung in Georgien insgesamt vermitteln kann und wie sie mir insbesondere bei der Vorbereitung einer eigenen Ausstellung, die ich mit einem Kollegen in Georgien plane, von Nutzen sein können. Nachdem Rückkehr nach Georgien veröffentliche ich ein Blog über meinen Aufenthalt, der auf der Webseite von „Georgian-German Archive“ gestellt wird.

Elguja Kakabadze

Dieser Bericht stellt keine Meinungsäußerung der Bundesstiftung Aufarbeitung dar.