„Mit der Entsendung der drei ‚Initiativgruppen‘ der KPD im Frühjahr 1945 – ‚Gruppe Ulbricht‘ in Berlin, ‚Gruppe Ackermann‘ in Sachsen, ‚Gruppe Sobottka‘ in Mecklenburg-Vorpommern – begann nicht nur die politische Umsetzung der KPD-Konzeption für Nachkriegsdeutschland, sondern auch die Rückkehr deutscher Exilanten aus der Sowjetunion.“ So das Fazit von Meinhard Stark in seinem Buch „Ich muss sagen, wie es war“. Deutsche Frauen des GULag, Berlin 1999, S. 179. Und weiter heißt es dort: „Die Rückkehr aus dem sowjetischen Exil war wie einst die Einreise in die UdSSR der strengen Kontrolle von Partei- und Sicherheitsorganen unterworfen. (...) Die Dominierung der Repatriierungspolitik und -praxis durch parteipolitische Prämissen schloss die Berücksichtigung humanitärer Kriterien weitgehend aus.“
Nachdem die für den Aufbau der Partei und der Verwaltungen benötigten kommunistischen Kader wieder in Deutschland waren, hatten es weder die sowjetische noch die deutsche kommunistische Partei besonders eilig, die nach dem Stalinschen Terror noch in der Sowjetunion lebenden Emigranten und ihre Angehörigen zurückzuschicken bzw. zu holen. Vor allem diejenigen, die Lagerstrafen und Verbannung erlitten hatten oder noch erlitten, waren mindestens bis zum Tode Stalins, aus Ulbrichts Sicht auch danach, gebrandmarkt. Die SED-Führung mochte sie nicht im Lande und in ihren Reihen haben. Viele erwarteten nach Jahrzehnten des Aufenthalts in der Sowjetunion sehnlichst die Rückkehr nach Deutschland. Der Prozess der Rückkehr zog sich jedoch über Jahre hin und währte vom unmittelbaren Kriegsende bis in die 1960er Jahre hinein; teils noch darüber.
Die Zahl der zurückgekehrten politischen Emigranten und früheren Arbeitsspezialisten bzw. Vertragsarbeiter, einschließlich ihrer Angehörigen lässt sich bislang nur ungenau bestimmen. Bis 1948 waren 500 ehemalige deutsche Exilantinnen und Exilanten aus der UdSSR ausgereist. In den fünf Jahren zwischen 1949 und 1953 durften selbst nach offiziellen Angaben nicht einmal 100 Deutsche das Land verlassen. Zwischen Juli 1954 und Dezember 1956 gelang es nur ca. 260 Exilanten und ihren Angehörigen repatriiert zu werden. (Stark, a. a. O., S. 179f. u. 195) Diese überaus restriktive Praxis der Remigration nach 1947 traf in gleicher Weise verfolgte und nichtverfolgte Deutsche und verzögerte ihre Ausreise um Jahre. Erst im Zuge des XX. Parteitages der KPdSU und der Stalin-Kritik Chruschtschows im Februar 1956 kam die Rückkehr der Verfemten, darunter zahlreiche ehemalige GULag-Häftlinge, die Witwen Erschossener, Verbannte, Frauen und Kinder sowie der verbliebenen Männer schleppend in Gang.
Dr. Wilhelm Mensing hat sich publizistisch vielfältig mit der Rückkehr deutscher Emigranten beschäftigt. Siehe: Remigration deutscher Politemigranten aus der Sowjetunion in die sowjetische Besatzungszone/Deutsche Demokratische Republik 1945-1962, in: Zeitschrift des Forschungsverbundes SED-Staat (ZdF), Nr. 38/2015, S. 88-124. Beitrag online: https://zeitschrift-fsed.fu-berlin.de/index.php/zfsed/article/view/497
Die Arbeit an einzelnen Remigranten-Biographien galt auch den zwei Schauspielerinnen Ida und Gertrud von Bastineller (Mutter und Tochter), die für den sowjetischen militärischen Nachrichtendienst tätig waren, emigrieren mussten und erst 1954 in die DDR zurückkehren durften. Vgl. Zwei Damen von Dienst-Adel. Die Geschichte von Ida und Gertrud von Bastineller, in: EXIL Forschung Erkenntnisse Ergebnisse, Nr. 1/2017, S. 39-72.
Die Auswirkungen der Adenauer-Reise 1955 auf die Remigration, die u. a. Leo Bauer, dem bekannten KPD-, nachher SPD-Politiker und späteren Berater Willy Brandts als auch dem früheren KPD-Bundestagsabgeordneten Kurt Müller zur Heimkehr aus der Lagerhaft verholfen hat, sind vom Autor in einem weiteren Beitrag dargestellt. Siehe: Adenauers Moskaureise 1955 und die Remigration deutscher (Polit-)Emigranten aus der Sowjetunion, in: ZdF Nr. 44/2019, S. 122-137.
Eine einigermaßen vollständige Auflistung der Remigrierten stand bisher nicht zur Verfügung. Angaben mussten aufwendig aus etlichen verschiedenen deutschen und sowjetischen bzw. russischen Quellen zusammengesucht werden.
Hier wird nun eine solche Liste öffentlich bereitgestellt. Die Liste mit über 1.200 Personen dürfte trotz regelmäßiger Nacharbeit immer noch nicht absolut vollständig und gewiss auch nicht fehlerfrei sein.
Ihre öffentliche Bereitstellung soll deshalb auch dazu dienen, Vervollständigungen und Korrekturen herbeizuführen.
Alle Listen folgen den Originalen, die Dr. Wilhelm Mensing recherchiert, erarbeitet, laufend ergänzt und für die Veröffentlichung freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat.
Wilhelm Mensing nimmt Hinweise, Ergänzungen, Korrekturen und Anfragen zu allen biographischen Zusammenstellungen per E-Mail dankbar entgegen.