Der Runde Tisch beschäftigte sich jedoch lediglich mit der Situation der Heimerziehung in der Bundesrepublik der 1950er und 1960er Jahre. Die Schicksale der Heimkinder in der DDR wurden nicht thematisiert. Erst nach massivem Druck der Opferverbände und nationalen und regionalen Aufarbeitungsinitiativen richteten Bund und Länder im Juli 2011 eine Lenkungsgruppe ein, die im Dialog mit Betroffenen begann, die Heimerziehung in der DDR aufzuarbeiten und Lösungen für die Rehabilitierung bzw. Entschädigung von Opfern zu finden. Als Ergebnis dieser Zusammenarbeit wurde im Juli 2012 der Fond „Heimerziehung in der DDR in den Jahren von 1949 bis 1990“ eingerichtet. Dieser Fonds soll die Folgeschäden und die beeinträchtigten Lebenschancen der Betroffenen mildern.

Doch nicht nur von der Aufarbeitung von Seiten der Länder und des Bundes gehen wichtige Impulse aus. Bereits seit 1990 setzten sich ehemalige Insassen des Geschlossenen Jugendwerkhof Torgaus mit der Aufarbeitung auseinander. Aus diesem Engagement ging im November 1996 der Verein „Initiativgruppe Geschlossener Jugendwerkhof Torgau“ hervor, der die Geschichte des Geschlossenen Jugendwerkhofs Torgau dokumentiert und durch Ausstellungen, Veranstaltungen, Forschungsprojekte und Publikationen dem Vergessen entgegenwirkt und die Aufarbeitung vorantreibt.
Seit 1997 ist der Verein zudem Träger der „Erinnerungs- und Begegnungsstätte im ehemaligen Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau“ und erinnert damit am authentischen Ort an die einzige geschlossene Disziplinierungseinrichtung der DDR-Jugendhilfe und somit auch an die mehr als 4.000 Betroffenen.

Die Aufarbeitung von Seiten der Länder und des Bundes, der Wissenschaft, der Erinnerungs- und Begegnungsstätte im ehemaligen Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau und der Opferverbänden dient nicht nur dazu den ehemaligen Heimkindern Unterstützungsangebote zur Verfügung zu stellen. Ebenso wird versucht an das Schicksal der Kinder- und Jugendlichen zu erinnern, die dem System der Heimerziehung hilflos ausgeliefert waren, Verständnis in der Gesellschaft für die Schicksale Betroffener zu wecken und Vorurteile ihnen gegenüber abzubauen. In diesen Prozess bringt sich die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur aktiv ein. Sie förderte bereits mehrere wissenschaftliche Forschungsprojekte, Lehrmaterialien, Ausstellungen, Zeitzeugenprojekte, und Filme.

Informationen & Dokumente

Im Rahmen der öffentlichen Aufarbeitung der Heimerziehung in der DDR wurden zahlreiche Expertisen und Berichte zu unterschiedlichen Feldern der Thematik angefertigt.

  • Forschungsprojekt "Vertiefende Aufarbeitung der Heimerziehung der DDR", gefördert vom Bundesministerium des Innern (2012-2016)

Das Forschungsprojekt widmet sich einerseits einer Reihe von Forschungsdesideraten. Zu den Themen, die innerhalb des Projektes bearbeitet werden sollen, gehören u.a. Rechtsfragen (insbesondere zur Klärung der Anwendbarkeit des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes), Säuglingsheime der DDR, das Kombinat der Sonderheime, die Gesundheitsbetreuung in den Heimen der DDR-Jugendhilfe, Spezialheime, Zwangsarbeit, die Qualifikation des pädagogischen Personals, Durchgangsheime, Soziale Folgen des Heimaufenthaltes, der Einfluss des Ministeriums für Staatssicherheit auf die Heimsituation sowie die Rolle der Ombudsperson für die Aufarbeitung und die Betroffenenbeteiligung. Darüber hinaus will das Forschungsprojekt auf Probleme reagieren, die in der täglichen Arbeit der Anlauf- und Beratungsstellen auftreten.

Unter der Leitung von Prof. Dr. Karsten Laudien sind an diesem Projekt folgende Wissenschaftler/innen beteiligt: Dr. Friederike Wapler (Georg August Universität Göttingen), Dr. Christian Sachse (Berlin), Dr. Uwe Kaminsky (Ruhr Universität Bochum), Dr. Verena Zimmermann (München), Andreas Methner (Universität Leipzig), Anke Dreier (Potsdam), Claudia Kittel (AGJ Berlin), Rahel Laudien (Berlin), Laura Hottenrott (Berlin), Dr. Agnès Arp (Friedrich Schiller Universität Jena), Prof. Dr. Peter Schruth (Hochschule Magdeburg/Stendal) und Fiona Huth (Evangelische Hochschule Berlin).

Unter dem Namen "Heimatlas" wurde im Rahmen des Forschungsprojekts eine Basis-Informationen über 720 DDR-Heimeinrichtungen erstellt. Die letzte Fachtagung, initiiert durch das Forschungsprojekt, fand 18.10.-19.10.2014 in Berlin unter dem Titel "Menschenrechtsverletzungen in Kinderheimen der DDR. Ein Phänomen des Sozialismus?" statt.

Ein Projekt des Jenaer Zentrums für empirische Sozial- & Kulturforschung unterstützt vom Thüringer Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit (2010-2012)

Anliegen des Forschungsprojektes ist es, Berichte bzw. Informationen über die Strukturen in den Heimen Thüringens von 1949-1990 zu recherchieren. Über die Auswertung vorhandenen Schriftgutes und die Befragung ehemaliger Heimkinder und Personal soll die Geschichte der Kinderheime in der DDR aufgearbeitet werden. Für das Projekt werden Interviewpartner gesucht, die Ihre Erfahrungen aus diesem Bereich teilen möchten. Ansprechpartnerin ist Dr. Agnès Arp am Historischen Institut der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Am 12. Oktober 2012 fand im Thüringer Landtag in Erfurt die Fachtagung „Heimerziehung in der DDR“ statt. Im Rahmen der Fachtagung sind unter anderem Betroffene zu Wort gekommen und Ergebnisse von wissenschaftlichen Untersuchungen vorgestellt worden.