Biographische Angaben aus dem Handbuch "Wer war wer in der DDR?":

Geb. in München; Vater Amtsrichter; 1897 – 1911 Volksschule u. Gymnasium in München, Öttingen u. Ingolstadt; 1911 – 18 Studium der Philol., Philos. u. Med. an den Univ. in München, Berlin u. Jena; 1911 erste liter. Veröff.; wegen der Folgen eines Suizidversuches (1910) kein Militärdienst; 1914 – 18 Aufenthalte in psychiatr. Kliniken wegen Morphiumabhängigkeit; 1917 USPD; ab 1918 freier Schriftst. in Berlin; 1919/20 u. ab 1923 KPD; 1920 – 22 starke religiöse Orientierung; 1925 – 28 wegen »liter. Hochverrats« angeklagt, Eröffnung des Verfahrens unterblieb nach nat. u. internat. Protesten, eingestellt; zwischen 1927 u. 1932 mehrfache Besuche der UdSSR; 1928 Mitbegr. des BPRS, Mitgl. im Büro für rev. Lit. Moskau; 1932 Reichstagskand. der KPD; 1933 Emigr. nach Prag, Paris u. Moskau; 1934 dt. Staatsangehörigkeit aberkannt; ab 1935 Chefred. der Ztschr. »Internat. Lit., Dt. Blätter«« in Moskau; Lebensgemeinschaft mit Lilly Korpus (seiner späteren Ehefrau  Lilly Becher); KPD-Führung unterstellte ihm »trotzkist. Schwankungen u. pol. Unzuverlässigkeit«; er bekam keine Erlaubnis, die UdSSR zu verlassen (wollte 1936 nach Spanien); 1941 Evakuierung nach Taschkent; mehrere Suizidversuche; 1943 Gründungsmitgl. des NKFD; Mitarb. an programmat. Dok. der KPD zur künftigen Kulturpol.
Juni 1945 Rückkehr nach Dtl.; Mitbegr. u. erster Präs. des KB; ab 1946 Mitgl. des PV bzw. ZK der SED; Nov. 1948 Mitgl. der dt. PEN-Gr.; 1949 Textautor der DDR-Nationalhymne; 1949 u. 1950 NP; 1949/50 gem. Ltg. (mit  Anna Seghers u.  Arnold Zweig) des »Dt. Komitee für den Frieden«, Vorgänger des Friedensrats; ab 1950 Abg. der Volkskammer; 1950 Gründungsmitgl. u. 1953 – 56 Präs. der DAK (Nachf. von  Arnold Zweig); 1953 Stalin-Friedenspreis; 1954 – 58 Min. für Kultur; 1956 Eintreten für eine liberalere Politik, nach Kritik der SED-Führung Kursänderung; verlor 1957 jeden pol. Einfluß, nunmehr nur nominell Minister; Sept. 1958 aus gesundh. Gründen Aufgabe aller Ämter; gest. in Berlin.

Publ.
Gesammelte Werke. 18 Bde. Berlin 1966 – 81; Briefe von u. an J. R. B. Berlin 1993.
Sek.-Lit.
Rohrwasser, M.: Der Weg nach oben. J. R. B. Politiken des Schreibens. Frankfurt (Main) 1980; Gansel, C. (Hrsg.): Der gespaltene Dichter. Berlin 1991; Mayer, H.: Der Turm von Babel. Erinnerung an eine Dt. Demokrat. Rep. Frankfurt (Main) 1991; Dwars, J.-F.: Abgrund des Widerspruchs. Das Leben des J. R. B. Berlin 1998; Behrens, A.: J. R. B. Eine pol. Biogr. Köln 2003.
BRB

Biographische Angaben aus dem Handbuch der Deutschen Kommunisten:

Geboren am 22. Mai 1891 in München als Sohn des Amtsrichters Heinrich Becher. Schon früh erwachte in Johannes Becher das Interesse an der Literatur, zunächst schlug er aber auf Drängen des Vaters eine militärische Laufbahn ein. Nach dem Abitur veröffentlichte er die Kleist-Hymne »Der Ringende« sowie den Lyrikband »Verfall und Vernunft«, in dem er die Gesellschaftsordnung des Kaiserreichs angriff. Im April 1910 wollte er mit seiner Freundin Selbstmord begehen, sie starb, Becher kam mit schweren Schußverletzungen sechs Monate ins Krankenhaus. Er studierte von 1911 bis 1918 in München und Jena Philosophie und Medizin, allerdings ohne Abschluß. Als Mitarbeiter an der Zeitschrift »Aktion« von Franz Pfemfert sowie »Die neue Kunst« gehörte er zu den Wortführern des Expressionismus. Von 1914 bis 1918 wegen Morphiumabhängigkeit in einer psychiatrischen Klinik. 1917 trat er in die USPD ein und wurde 1918 Mitglied des Spartakusbundes, 1919 der KPD. Damals erschien seine bekenntnishafte Gedichtsammlung »An Alle«. Enttäuscht über die fehlgeschlagene Novemberrevolution, verließ er die KPD und wandte sich der Religion zu. Ab 1923 engagierte er sich wieder in der KPD, publizierte 1926 den Antikriegsroman »Levisite oder Der einzig gerechte Krieg«, wurde deswegen angeklagt (»Vorbereitung zum Hochverrat«), das Verfahren aber nach nationalen und internationalen Protesten eingestellt. 1928 Mitbegründer und Erster Vorsitzender des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller (BPRS), gab er ab 1929 dessen Organ »Die Linkskurve« heraus. Becher emigrierte 1933 zuerst nach Prag, dann nach Paris und 1935 nach Moskau, dort Chefredakteur der Exilzeitschrift »Internationale Literatur – Deutsche Blätter«. Hier wurde Lilly Korpus ab 1936 seine ständige Mitarbeiterin und Lebensgefährtin, sie kam im Juni 1945 als Frau Johannes R. Bechers nach Deutschland zurück. Im Moskauer Exil unternahm er Selbstmordversuche, weil ihn die KPD-Führung für politisch unzuverlässig hielt. Durch die Freundschaft mit dem Philosophen Georg Lukács (*1885 – †1971) wandte sich Becher »dem klassischen Erbe« zu und entdeckte die Form des Sonetts für sich. 1940 erschien sein autobiographischer Roman »Abschied«. Becher gehörte 1943 zu den Mitbegründern des NKFD. Bereits im Juni 1945 nach Berlin zurückgekehrt, hat er hier den »Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands« mitbegründet und wurde dessen erster Präsident. Durch seine Initiative entstand der Aufbau-Verlag, die Monatszeitschrift »Aufbau« und die Wochenzeitung »Sonntag«. Becher gehörte dem Parteivorstand der SED (ab 1950 ZK) an, 1953 wurde er Präsident der DDR-Akademie der Künste und war seit 1954 Kulturminister der DDR, verlor aber ab 1957 seinen politischen Einfluß. Mehrfach mit dem Nationalpreis ausgezeichnet (u. a. als Verfasser des Textes der DDR-National-Hymne). Er gilt zwar als wichtiger Vertreter des »sozialistischen Realismus« in Deutschland, doch sein Lebensweg vom wortgewaltigen Expressionisten zum Verkünder des »sozialistischen Realismus« machte ihn zu einem der umstrittensten deutschen Schriftsteller. Johannes R. Becher starb am 11.Oktober 1958 in Ost-Berlin. Bechers Gesammelte Werke in 18 Bänden wurden zwischen 1966 und 1981 publiziert, Briefe von ihm im Jahre 1993. Eine neue Biographie veröffentlichte 1998 Jens-Fietje Dwars, 2003 erschien eine politische Biographie Bechers von Alexander Behrens.

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Redaktionsschluss: Mai 2008. Eine kontinuierliche Aktualisierung der Biographien kann von den Herausgebern nicht gewährleistet werden. Soweit bekannt, werden Sterbedaten in regelmäßigen Abständen nachgetragen. Änderungs- und Korrekturwünsche werden von den Herausgebern des Handbuches geprüft und ggfl. eingearbeitet (Mail an herbst@gdw-berlin.de).

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