Die doppelte deutsche Diktaturerfahrung - In memoriam Prof. Alfred Grosser (1925 - 2024)

Am 1. Februar 2025 wäre der französische Publizist und Politikwissenschaftler Alfred Grosser 100 Jahre alt geworden. Die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur erinnert an ihn mit der Veröffentlichung des Audiomitschnitts seines Vortrags bei der IV. Zeitgeschichtlichen Sommernacht am 28. August 2006 in Berlin. I

n seinem Vortrag setzte sich Grosser mit der doppelten deutschen Diktaturerfahrung auseinander. Er thematisierte die Herausforderungen der historischen Aufarbeitung von NS- und SED-Diktatur und kritisierte die ungleiche Wahrnehmung der beiden Systeme. Während die Verbrechen des Nationalsozialismus breit dokumentiert und anerkannt seien, fehle es oft an einer vergleichbaren Auseinandersetzung mit dem kommunistischen Unrecht. Grosser wies darauf hin, dass insbesondere die Opfer des Stalinismus und der stalinistischen Repressionen in der öffentlichen Erinnerung weniger präsent seien. 

Er betonte, dass die Reflexion über beide Diktaturen eine Voraussetzung für eine umfassende demokratische Erinnerungskultur sei. Besonders kritisierte er die Rolle ehemaliger Kommunisten in der politischen Debatte, die eine kritische Aufarbeitung der DDR-Diktatur erschwerten. Ebenso setzte er sich mit den politischen Instrumentalisierungen historischer Erinnerung auseinander. 

Mit seiner scharfsinnigen Analyse trug Grosser zur Debatte über das historische Bewusstsein in Deutschland und Europa bei. Sein Vortrag bleibt eine wichtige Quelle zur Reflexion über den Umgang mit totalitären Erfahrungen in der deutschen Geschichte.