Am 15. Januar 1990 besetzen DDR-Bürgerrechtler die Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in der Berliner Normannenstraße, mittlerweile umbenannt in „Amt für Nationale Sicherheit“. Tausende fordern, den Spionage- und Überwachungsapparat aufzulösen. Und sie wollen die Vernichtung der Akten stoppen, die aus der jahrzehntelangen Bespitzelung der eigenen Bevölkerung entstanden sind.

Bereits in den Wochen zuvor waren verschiedene regionale Zentralen der DDR-Staatssicherheit von friedlichen Demonstranten gestürmt worden, zuerst am 4. Dezember 1989 in Erfurt. Die Besetzung des ehemaligen Dienstsitzes von Erich Mielke in Ost-Berlin macht endgültig deutlich, dass die Zeit der gefürchteten Geheimpolizei abgelaufen ist. Die mutigen Besetzerinnen und Besetzer durchkreuzen damit die Pläne der immer noch regierenden SED/PDS, den Apparat in einen „Verfassungsschutz“ und einen Auslandsnachrichtendienst umzuwandeln.

Durch die Besetzung der MfS-Dienststellen in der ganzen DDR können 1989/90 große Teile der Aktenbestände gesichert werden, die das ungeheure Ausmaß der Überwachung und das Unrecht in der SED-Diktatur sichtbar machen. Bis heute sind sie eine wichtige Grundlage für die Aufarbeitung von politischer Verfolgung in der DDR. An der Sicherung und Erschließung des umfangreichen Materials der einstigen Geheimpolizei arbeitet bis heute das Stasi-Unterlagen-Archiv, mittlerweile als Teil des Bundesarchivs.

Mehr über die Ereignisse der Jahre 1989/90 erfahren Sie in unserem Dossier „Friedliche Revolution, deutsche Einheit und Transformation“.