Der 30. Oktober ist seit 1991 der offizielle Gedenktag für die Opfer der politischen Repression, insbesondere des GULag und des stalinistischen Terrors. Etwa 20 Millionen Menschen litten zwischen 1920 und Mitte der 1950er-Jahre in den Straf- und Arbeitslagern der Sowjetunion. Bis heute ist nicht bekannt, wie viele von ihnen angesichts schwerster körperlicher Arbeit, drakonischer Strafen, Mangelernährung und Krankheiten starben oder ermordet wurden.

1974 begingen Gefangene aus sowjetischen Straflagern an diesem Datum zum ersten Mal mit einem Hungerstreik den „Gedenktag für die politischen Gefangenen“. Gut zehn Jahre später fanden während Gorbatschows Regierungszeit in größeren sowjetischen Städten entsprechende Demonstrationen statt, die 1989 in einer 3.000 Personen starken Menschenkette um das KGB-Gebäude in Moskau mündeten. 1991 erklärte der Oberste Rat der Russischen Sowjetrepublik den 30. Oktober 1991 zum offiziellen „Gedenktag der Opfer politischer Verfolgung“.

Es sind vor allem zivilgesellschaftliche Organisationen wie Memorial oder das Sacharow-Zentrum, die über die politisch motivierten Massenmorde und Verfolgungen aufklären, Zeugnisse sichern, den Opfern Namen und Schicksal zurückgeben und die Strukturen der staatlichen Repressionen offenlegen.

Bei der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur werden Erinnerungen und Zeugnisse von Opfern des Stalinschen Terrors und von ehemaligen GULag-Häftlingen oder deren Hinterbliebenen gesammelt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Einen zentralen Beitrag dazu leistet das Dokumentationsprojekt des Historikers Meinhard Stark, der etwa 300 ehemalige Lagerhäftlinge oder deren Kinder in Russland, Polen, Kasachstan, Litauen und Deutschland interviewt hat. Die über Jahrzehnte gesammelten Zeugnisse bilden den Grundstock des GULag-Archivs der Bundesstiftung Aufarbeitung. In der Mediathek sind einige der Interviews mit Überlebenden direkt abrufbar.

Auch im Online-Portal www.zeitzeugenbuero.de berichten Zeugen dieser Zeit von ihren Erfahrungen. Eduard Lindhammer etwa wurde 1950 als Schüler in Schwerin verhaftet und zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Sechs Jahre verbrachte er darauf in verschiedenen Lagern, etwa in Workuta am Polarkreis. Heute lebt der 88-Jährige in Köln.

Das Schicksal von etwa tausend Deutschen, die zwischen 1950 und 1953 von sowjetischen Militärtribunalen in der DDR zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden, hat ein gemeinsames Forschungsprojekt von Memorial International Moskau, Facts & Files und der Bundesstiftung Aufarbeitung seit 2004 aufgeklärt. Der Band „Erschossen in Moskau... Die deutschen Opfer des Stalinismus auf dem Moskauer Friedhof Donskoje 1950-1953“ mit den Biografien der Opfer und zahlreichen Hintergrundinformationen ist jetzt in vierter, überarbeiteter Neuauflage erschienen.

Weitere Informationen zur Erinnerungskultur in Russland bieten insbesondere der 2018 erschienene Band „Museen und Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer der kommunistischen Diktaturen“. Ein thematischer Abriss zum Thema findet sich in dem biografischen Online-Lexikon dissidenten.eu.