Im Verein „Kindheit hinter Stacheldraht“ haben sich Menschen zusammengefunden, die zwischen 1945 und 1950 in einem der zehn sowjetischen Speziallager in Deutschland geboren wurden. Mit ihren inhaftierten Müttern mussten sie dort ihre ersten Jahre unter lebensfeindlichen Bedingungen verbringen. Viele der Betroffenen wurden durch diese grausamen frühkindlichen Erfahrungen für ein Leben geprägt, viele leiden bis heute unter den Folgen. Das gilt auch für die Menschen, die nach der Schließung der Speziallager 1950 mit ihren Müttern nach Hoheneck gebracht oder in DDR-Haft geboren wurden. Im Verein konnten Betroffene miteinander in Kontakt treten und sich austauschen. Zudem sorgte der Verein dafür, dass die vergessenen oder verdrängten Schicksale von Kindern und Müttern in Haft öffentlich bekannt wurden. Ohne die Arbeit des Vereins wäre dieses grausame Kapitel verborgen geblieben.

Nach 25 Jahren hat der Begründer und langjährige Vorsitzende von „Kindheit hinter Stacheldraht“ Alexander Latotzky nun die Auflösung des Vereins bekannt gegeben. Aus Altersgründen sei es für die Beteiligten nicht mehr möglich, die Vereinsaktivitäten aufrecht zu halten und für gemeinsame Veranstaltungen oft weite Wege in Kauf zu nehmen.

Mit dem verdienten Ruhestand beenden die Vereinsmitglieder nun ein wichtiges Kapitel der Aufarbeitung kommunistischer Gewaltherrschaft. Das erste Treffen von in Haft geborenen Kindern sowie deren Müttern kam 1997 auf Initiative von Alexander Latotzky und der heutigen Direktorin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Dr. Anna Kaminsky zustande. Die Bundesstiftung Aufarbeitung hat die Initiative über viele Jahre sowohl ideell als auch materiell unterstützt. Das letzte Vereinstreffen findet vom 23. bis 25. September in der Gedenkstätte Buchenwald statt. Danach wird sich der Verein auflösen und als loser Arbeitskreis fortgeführt werden. Im Rahmen des Treffens findet unter dem Titel „Kindheit ohne Namen“ am Samstag, 24. September um 18 Uhr eine öffentliche Filmvorführung mit Zeitzeugengespräch im Stadtmuseum Weimar statt. Der Eintritt ist frei.

Allen Betroffenen, die sich bei „Kindheit hinter Stacheldraht“ engagiert haben, gebührt für ihren Einsatz großer Dank! Wir wünschen allen auch weiterhin alles erdenkliche Gute. Ihre Lebensschicksale sollen auch zukünftig nicht in Vergessenheit geraten.

Weitere Informationen zum Schicksal von Kindern in sowjetischen Speziallagern und DDR-Gefängnissen und eine Interviewreihe mit Betroffenen finden Sie in unserem Themendossier.