Die Namen der Opfer des stalinistischen Terrors werden am 29. Oktober von 17 bis 19 Uhr auf dem Steinplatz in Berlin-Charlottenburg verlesen. Die von Memorial Deutschland e. V. initiierte Gedenkveranstaltung ist in diesem Jahr den etwa 140 Menschen aus Sachsen-Anhalt gewidmet, die zwischen 1950 und 1953 von Sowjetischen Militärtribunalen zum Tode verurteilt, nach Moskau verschleppt und dort erschossen wurden. Insgesamt traf dieses Schicksal 923 Zivilpersonen aus Deutschland. Die meisten Opfer sind nach dem Zerfall der Sowjetunion rehabilitiert worden, ihre anonymen Grabstätten sind jedoch bis heute unbekannt. Mit der öffentlichen Verlesung ihrer Namen soll den Menschen ihre Identität und damit ein Stück ihrer Würde wiedergegeben werden. Angesichts der Tausenden Toten des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wird auch an diese Opfer erinnert werden, die oftmals in anonymen Massengräbern verscharrt worden sind.

Das Gedenken findet am Vorabend des offiziellen Gedenktages für die Opfer der politischen Repression in der Sowjetunion statt. Seit 1991 ist der 30. Oktober insbesondere dem Andenken an die Schrecken des GULag und des stalinistischen Terrors gewidmet. Etwa 20 Millionen Menschen mussten von 1920 bis Mitte der 1950er-Jahre in den Straf- und Arbeitslagern der Sowjetunion leiden. Wie viele von ihnen ermordet wurden oder durch schwerste körperliche Arbeit, drakonische Strafen, Mangelernährung und Krankheiten starben, ist bis heute unbekannt. Ihre Zahl geht jedoch in die Millionen. Allein 1937 wurden innerhalb weniger Monate über 800.000 Menschen im „Großen Terror“ erschossen und in Massengräbern verscharrt.

Das Schicksal von etwa tausend deutschen Bürgern, die zwischen 1950 und 1953 von sowjetischen Militärtribunalen in der DDR zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden, hat ein gemeinsames Forschungsprojekt von Memorial International Moskau, Facts & Files und der Bundesstiftung Aufarbeitung seit 2004 aufgeklärt. Der Band „Erschossen in Moskau... Die deutschen Opfer des Stalinismus auf dem Moskauer Friedhof Donskoje 1950-1953“ mit den Biografien der Opfer und zahlreichen Hintergrundinformationen liegt seit 2020 in vierter, überarbeiteter Neuauflage vor.

Weitere Informationen zur Erinnerungskultur in Russland bieten insbesondere der 2018 erschienene Band „Museen und Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer der kommunistischen Diktaturen“ sowie der Band „Erinnerungsorte an den Massenterror 1937/38“, die heute in der Russischen Föderation an die Opfer von Stalins „Großem Terror“ erinnern.