Gemeinsame Veranstaltung des Bundespräsidenten und der Bundesstiftung Aufarbeitung

Der Blick von „außen“ auf das wiedervereinigte Deutschland und die Suche nach einer deutschen Identität standen im Mittelpunkt der Podiumsveranstaltung „Typisch deutsch? Leben im vereinten Deutschland“ des Bundespräsidenten und der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur am 13. Dezember im Schloss Bellevue. Die Podiumsgäste gingen der Frage nach, wie sich eine deutsche Identität vor dem Hintergrund von deutscher Teilung und Einheit, europäischer Integration und globalem Austausch entwickelt hat.

Bundespräsident Joachim Gauck sagte in seiner Begrüßung vor rund 150 Studierenden und Akteuren im Bildungsbereich zum Auftakt der Veranstaltung: „Wer das typisch Deutsche begreifen und fruchtbar machen will, muss auch über die historischen Prägungen sprechen, die wir als Volk in uns tragen – Prägungen, die eine Bürde, aber auch eine Kraftquelle sein können.“

Rainer Eppelmann, ehrenamtlicher Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Aufarbeitung, plädierte für eine differenzierte Betrachtung der inneren Einheit des Landes: „Seit 1990 versuchen nicht nur rund 60 Millionen Westdeutsche mit 16 Millionen Ostdeutschen in einem mitunter schwierigen Prozess eine gemeinsame Identität zu finden und auszubalancieren, sondern mittlerweile eben auch 16 Millionen Menschen mit Migrationsgeschichte, die hier bestenfalls ihre Heimat gefunden haben.“

Wie vielfältig die Sichtweisen auf die deutsche Identität sind, machte die anschließende Podiumsdiskussion deutlich. Der französische Journalist Pascal Thibaut, die deutsch-vietnamesische Schriftstellerin Pham Thi Hoai, die deutsche Schriftstellerin kurdischer Herkunft Mely Kiyak sowie die Autorin und DDR-Bürgerrechtlerin Freya Klier lieferten facettenreiche Antworten auf die Frage, was denn typisch deutsch sei.

In der Diskussion und den Statements aus dem Publikum wurde deutlich, dass die intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit als typisch deutsches Merkmal wahrgenommen wird. Dabei würde in der Innensicht vieles problematischer wahrgenommen als aus einer international vergleichenden Perspektive, bemerkte Pham Thi Hoai in Bezug auf die Deutsche Einheit. „Was hier passiert ist, ist etwas Wunderbares.“ Zur Ausgangsfrage der Diskussion ergänzte Mely Kiyak, dass diese nicht „Was ist deutsch?“, sondern besser „Wer ist deutsch?“ lauten müsse. Eine Teilnehmerin stellte dazu in ihrem Beitrag fest, dass Menschen mit ausländischen Wurzeln, die in Deutschland geboren und aufgewachsen seien und hier ihre Heimat hätten, bei der Frage nach der deutschen Identität zu häufig unberücksichtigt blieben.

[i]Die Ansprache des Bundespräsidenten finden Sie unter: www.bundespräsident.de/podiumsdiskussion

Die Gesprächsrunde wird am Mittwoch, 19. Dezember 2012, ab 19.15 Uhr auf dem Sendeplatz "Zur Diskussion" im Deutschlandfunk ausgestrahlt. In Berlin hören Sie den Deutschlandfunk auf UKW 97,7. Weitere Frequenzen finden Sie unter www.dradio.de/dlf/frequenzen/.

Die Veranstaltungsreihe „Vergangenheit erinnern – Demokratie gestalten“ ist seit 2007 die zweite Reihe, die vom Bundespräsidenten und der Bundesstiftung Aufarbeitung gemeinsam durchgeführt wird. Frühere Veranstaltungen widmeten sich den fundamentalen Gegensätzen von Demokratie und Diktatur und brachten Schülerinnen und Schüler mit Zeitzeugen der SED-Diktatur ins Gespräch.

Die Podiumsveranstaltung „Typisch deutsch? Leben im vereinten Deutschland“ und die gesamte Veranstaltungsreihe „Vergangenheit erinnern – Demokratie gestalten“ werden auf der Webseite www.erinnern-und-gestalten.de begleitet und dokumentiert.