Vor 40 Jahren, am 11. März 1985, wurde Michail Gorbatschow im Alter von nur 54 Jahren zum Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion gewählt. Als zweitjüngster Amtsinhaber in der Geschichte der KPdSU trat er die Nachfolge von Konstantin Tschernenko an, dessen Tod nach nur 13 Monaten im Amt das politische System der Sowjetunion erneut erschüttert hatte. Auch Tschernenkos Vorgänger, Juri Andropow, war nach kurzer Amtszeit verstorben – eine Serie von Führungswechseln, die die Führungsschwäche des alternden sowjetischen Apparats offenlegte.
Gorbatschow galt als Hoffnungsträger einer neuen Generation. Gefördert von seinem Mentor Juri Andropow, einem KGB-Mann mit Reformambitionen und scharfem Blick für die inneren Defizite des Systems, wurde Gorbatschow als dynamischer und pragmatischer Politiker wahrgenommen. Die Erwartungen waren hoch: Der junge Generalsekretär sollte das riesige Reich modernisieren und die Wirtschaft sowie Gesellschaft aus ihrer Stagnation führen.
Doch niemand konnte damals ahnen, dass Gorbatschows Politik von Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung), die er 1986 ins Zentrum seiner Reformagenda stellte, weit mehr bewirken würde als eine Modernisierung des Systems. Die kontrollierte Öffnung führte zu einer unaufhaltsamen Erosion der Machtstrukturen und schließlich zur Auflösung der Sowjetunion sowie ihres gesamten Herrschaftsbereichs in Osteuropa.
Gorbatschow wurde zur Schlüsselfigur einer Epoche des Umbruchs – ein Mann, dessen Ziel es war, das System zu bewahren, aber dessen Reformen es letztlich zum Einsturz brachten. Sein Name steht heute für das Ende eines Imperiums und den Beginn einer neuen Weltordnung, deren Konsequenzen bis heute spürbar sind.
Aus Anlass des Jahrestages empfehlen wir Ihnen das Videointerview mit Professor Dr. Jörg Baberowski "Michail Gorbatschow - der tragische Held".