Anlässlich des 75. Jahrestages der Potsdamer Konferenz ist seit Juni 2020 im Belvedere Pfingstberg eine neue Ausstellung zu sehen sein, die sich dem Alltagsleben am Potsdamer Pfingstberg widmet. Sie wird die Dauerausstellung zur Geschichte des Pfingstberg-Ensembles ergänzen. Zu Wort kommen verschiedene Zeitzeugen, die erstmals ihre Erinnerungen in lebendigen Interviews teilen.

Die Eröffnung der Ausstellung musste zunächst von Mai auf Anfang Juni verschoben werden, war dann aber bis 31. Oktober unter Hygieneauflagen für Besucher zugänglich. Wenn das Belvedere 2021 wieder öffnet, wird die Ausstellung wieder zu sehen sein.

 

Zwei Personen sitzen auf der Terrasse einer Gartenlaube
Stolze Laubenbesitzer, Foto Privatbesitz

Als auf der Potsdamer Konferenz im Schloss Cecilienhof im Jahre 1945 „die Neuordnung der Welt“ und die Teilung Deutschlands beschlossen werden, wirkt sich das auch auf den Alltag vieler Potsdamer aus. So sind auch die Menschen im Gebiet um den Pfingstberg herum betroffen, das jetzt nahe der Grenze zu Westberlin liegt. Die bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs durch Villen und Parkanlagen geprägte Wohn- und Erholungsgegend wandelt sich zu einem Areal mit einem neuen, spezifischen Charakter. Arbeiten, Einkaufen und Freizeitaktivitäten sind nun geprägt durch die Einrichtung des sowjetischen „Militärstädtchens Nr. 7“ am Fuße des Pfingstbergs. Zur Nachbarschaft gehört jetzt ein abgeriegeltes Militärgebiet mit einem Gefängnis des sowjetischen Geheimdienstes KGB und der Zentrale der Auslandsspionage.

Nicht nur die Infrastruktur ändert sich dadurch - auch das soziale Gefüge des Stadtteils. 16 Hektar mit 100 Gebäuden der Vorstadt sind von nun an für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich. Im Stadtbild erscheinen neue Elemente wie Schlagbäume, Wachtürme oder Betonmauern. Das übrige Wohngebiet ist durch das beschlagnahmte Areal strukturell stark beeinträchtigt. Die hiesigen Einwohner bekommen russische Offiziere und Zivilisten als neue Nachbarn. Doch auch der angrenzende verwunschene Schlosspark mit dem Schloss Belvedere, die Straßenzüge, die kleinen Läden und Treppenhäuser prägen die Nauener Vorstadt.

Belvedere Ende der 1980er-Jahre. Man sieht eine Schwarzweißaufnahme eines historischen und verwildernden Gebäudes
Belvedere Ende der 1980er-Jahre, © SPSG/U. Kolzer

Eingekauft wird hier jetzt im „Russenmagazin“, einer sowjetischen Verkaufseinrichtung, die für Armeeangehörige und deren Familien bestimmt ist, aber auch DDR-Bürgern offensteht. Die Kleingärten am Hang des Pfingstbergs werden in dieser Zeit wichtige private Rückzugs- und Erholungsorte. Erst mit der Friedlichen Revolution 1989 und dem Abzug der sowjetischen Truppen im Jahr 1994 wandelt sich dieses Potsdamer Gebiet erneut.

Vor diesem historischen Hintergrund wird im Belvedere Pfingstberg die Sonderausstellung „Zwischen Gartenlaube und Russenmagazin. Alltag am Potsdamer Pfingstberg 1945-1994“ gezeigt, die Zeitzeugen aus der direkten Umgebung des Pfingstbergs zu Wort kommen lässt. Die bereits bestehende Dauerausstellung zur Geschichte des Pfingstberg-Ensembles im Belvedere wird um einen Raum im Erdgeschoss des Westturms ergänzt. Hier lernen Besucher über drei Medienstationen zwölf facettenreiche Lebensgeschichten von Bewohnern kennen. In der Gestaltung greift die Ausstellung typische Hauswände aus der Zeit von 1945 bis 1994 auf, an deren Türen der Besucher klingelt. Diese werden von den Zeitzeugen sozusagen geöffnet, bevor sie ihre Geschichten erzählen. Im übertragenen Sinne nimmt dieser seinen Gast auch mit ins Haus – versinnbildlicht wird das zum Beispiel durch typische Tapetenmoden und Fotografien aus Privatbesitz.

Ausflugsziel Pfingstberg. Eine Person besichtigt ein altes Gebäude
Ausflugsziel Pfingstberg, Sammlung privat

Zwölf Zeitzeugen teilen zum ersten Mal ihre persönlichen Erinnerungen an ihre Zeit am Pfingstberg. Darunter sind der Regisseur, Fotograf und Drehbuchautor Franz Baake, der 1941 bis 1951 in der Großen Weinmeisterstraße lebte und den Einmarsch sowjetischer Truppen in sein Wohngebiet erlebte, Matthias Freydank, der seine Kindheit und Jugend in der Villa Henkel verbrachte, in der zu DDR-Zeiten ein Altersheim untergebracht war und Mario und René Kade, die in der Höhenstraße aufwuchsen und von einer unbeschwerten Kindheit in den 1980er-Jahren berichten. Diese Geschichten sind zum Teil traurig und rührend, aber auch witzig und humorvoll und spiegeln die jeweilige Wahrnehmung des erlebten Alltags wider.

 

Weiterführende Information:

https://www.pfingstberg.de/kulturevents-erleben/dauerausstellung/