Bundesstiftung Aufarbeitung
Kronenstraße 5
10117 Berlin
In den Vermessungen des 20. Jahrhunderts wird gern auf die „Ambivalenzen der Moderne“ Bezug genommen, die zu einem Selbstbeschreibungstopos westlicher Gesellschaften avancieren konnten. Die Spielarten des Poststrukturalismus machten Frankreichs Intellektuelle zu Vordenkern der Postmoderne, als im übrigen Westen Fortschritt und Modernisierung noch dominante Deutungsmuster waren. Der Vortrag fragte danach, welche Probleme und Erfahrungen die Wahrnehmung und Kritik der Moderne in Frankreich geprägt haben und welche Faktoren liberales Fortschrittsdenken und avantgardistische Modernediskurse im Verlauf des 20. Jahrhunderts unterminierten.
Referent
Prof. Dr. Lutz Raphael, Universität Trier
Veranstaltungsreihe Das Jahrhundert vermessen. Signaturen – Umbrüche – Kontinuitäten
Das 20. Jahrhundert trägt im Rückblick viele Titel: "Zeitalter der Extreme", "Jahrhundert der Ideologien" oder "Amerikanisches Jahrhundert". Doch wie plausibel sind solche Etikettierungen? Die Forschung stellt heute mehr denn je die Komplexität der vieldeutigen und vielschichtigen Zäsuren und Entwicklungsstränge der Zeit von 1900 bis 2000 heraus. Sie waren von der Konkurrenz der gesellschaftlichen Großordnungen liberale Demokratie, Faschismus bzw. Nationalsozialismus und Kommunismus geprägt, aber ebenso auch von systemübergreifenden Entwicklungslinien gekennzeichnet. Welche Sichtachsen sich auf dieser Grundlage durch die europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts schlagen lassen, war die Leitfrage dieser Ringvorlesung.