-
Filmpräsentation | Berlin
Ort der Veranstaltung

Erlöserkirche
Nöldnerstraße 43
10317 Berlin

Popmusik und Kirche waren in der DDR auf vielfältige Weise miteinander verflochten. Doch in welchem Maße und mit welcher Wirkung Jazz, Blues, Rock oder Punk die Gotteshäuser bevölkerten, ist kaum bekannt.

Kirche war ein besonderer Ort in der DDR – verfassungsrechtlich geschützt und doch beäugt. Systemkritische Stimmen, die sonst kein Podium hatten, fanden dort eine Nische, einen Fluchtraum. Visionäre Geistliche wie Walter Schilling oder Theo Lehmann öffneten den Unangepassten und Ausgestoßenen die Pforten, Jugendlichen, die sich an den gesellschaftlichen Verhältnissen rieben. Musik war das sinnliche Bindeglied. Jazzgottesdienste, Bluesmessen, Liedermacherabende oder Punkkonzerte zogen Tausende in die Kirchen. Couragierte Pfarrer gewährten auch der künstlerischen Dissidenz Asyl. Die Liedermacher Bettina Wegner und Stephan Krawczyk mussten erfahren, wie schnell eine Karriere in der DDR geknickt ist. Sie stritten für einen besseren Sozialismus, fielen in Ungnade, wurden kaltgestellt. Wegner und Krawczyk sind Atheisten – und doch blieb ihnen nur die Kirche. Auch Punkbands wie Namenlos traten ausschließlich im religiösen Milieu auf. Den umgekehrten Weg wählten Gerhard Schöne und das Electronic-Duo Servi Pacis. Sie definierten sich als Christen, die ihren Platz genauso auf offiziellen Bühnen und in den Medien suchten. Der Staat sah seinen Erziehungsanspruch durch die Allianz von Popmusik und Kirche empfindlich gestört. Jugendliche scherten aus den vorgezeichneten Bahnen aus, knüpften landesweite Netzwerke. Das Ministerium für Staatssicherheit platzierte seine Mitarbeiter in den Gotteshäusern und schmiedete Zersetzungsstrategien. Doch letztlich war die Bewegung mächtiger als jeglicher Gegenwind.

Die Dokumentation "Im Namen des Herrn – Kirche, Pop und Sozialismus" von Tom Franke und Michael Rauhut zeichnet die Entwicklung dieser brisanten Symbiose von den fünfziger Jahren bis zum Mauerfall nach, sie lässt maßgebliche Protagonisten zu Wort kommen und zeigt bislang unveröffentlichte historische Filmaufnahmen. Sie präsentiert ein historisch präzises wie emotional stimmiges Bild und versteht sich als Plädoyer für den aufrechten Gang und die Kraft der Musik. Der Film ist eine Produktion von armadafilm gefördert mit Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur im Auftrag des Rundfunk Berlin-Brandenburg. Erstausstrahlung: RBB, 26. November 2013, 22:45 Uhr

Die Filmuraufführung wird umrahmt von Live-Musik von Sandow und Herbst in Peking.

Veranstalter
Bundesstiftung Aufarbeitung
Armadafilm
RBB
Thema
Kirche