Bundesstiftung Aufarbeitung
Kronenstraße 5
10117 Berlin
Worin bestand die globale Anziehungskraft des Kommunismus im 20. Jahrhundert? Das Versprechen, die Ausbeutung im eigenen Land zu beenden war immer auch gebunden an die Idee, zukünftig eine andere, humanere internationale Ordnung zu schaffen: “Die Internationale erkämpft das Menschenrecht.” Das Ende des Kolonialismus in den drei Dekaden nach 1945 veränderte die Welt grundstürzend und mit ihr das Völkerrecht.
Es waren vor allem die neuen unabhängigen Staaten Afrikas und Asiens (oft mit Unterstützung der Sowjetunion im Kalten Krieg), die in den internationalen Organisationen auf eine postimperiale Weltordnung drängten, aufgebaut auf den Leitbegriffen der Menschenrechte und des Selbstbestimmungsrechts der Völker. Erst seit den späten siebziger Jahren, vor allem aber nach 1989/90 werden die Menschenrechte vom Westen neu entdeckt und begrifflich gewendet angesichts des Scheiterns der postkolonialen und sozialistischen Staaten und des Absturzes in Bürgerkriege und Genozide. Die Menschenrechte wurden so, wie Hans Magnus Enzensberger 1994 beobachtete, “zum letzten Refugium des Eurozentrismus”.