Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Veranstaltungssaal
Kronenstraße 5
10117 Berlin
Größer könnte der Kontrast kaum sein: hier die friedliche Revolution, der Runde Tisch in Warschau, die „samtene Revolution“ in Prag. Dort, in Jugoslawien, kriegerischer Zerfall, Gewalt und Grausamkeit, die reflexhaft als religiös und ethnisch motiviert interpretiert wurden. Die Erklärungen dafür waren schnell zur Hand: hier die Tradition des kultivierten und zivilisierten Zentraleuropa. Hier, in Mitteleuropa, so hieß es, wirkte die Tradition der Toleranz und Vielfalt der Habsburger Monarchie fort. Dort, auf dem Balkan hätten sich nach der Zwangsherrschaft des Sozialismus unbändige Gewalt-Affekte des Orients ihre destruktive Bahn gebrochen. Im Wüten der Mythen zeige sich dessen wahres Gesicht.
Die gesellschaftliche Erfahrung der letzten Jahre jedoch verlagert den Blick von solch kulturalistischer Kontrastierung hin zu neuer Aufmerksamkeit für das Gemeinsame des Erbes autoritärer Herrschaftsformen – etwa in Serbien und in Polen. Es wird sichtbar, dass es sich auch 1989 in beiden Regionen um ein prekäres Verhältnis von Ethnos und Demos als Grundkategorien gesellschaftlicher Ordnung handelte. Dies wird illustriert vermittels eines komparativen Zugangs anhand der Begründung von staatlicher Territorialität, den (meist kulturalistischen) Vorstellungen von Abgrenzung zu geschlossenen Gemeinschaften, sowie dem damit konkurrierenden Konzept des Primats der Zivilgesellschaft vor jenem der Abstammungsgemeinschaft.
Referent
Nenad Stefanov
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