Ausstellungsrezension
Unforeseen Journeys of Life - Albania Untold Stories. Eine Ausstellung mit Fotografien von Dong-Ha Choe, kuratiert von Jonila Godole aus Anlass der X. Memory Days 2025 in Tirana

Die Gesichter der Porträtierten sind still, aber ausdrucksstark. Ihre Blicke suchen nicht Trost, sondern werfen Fragen auf. In der von Jonila Godole kuratierten Ausstellung "Unforeseen Journeys of Life - Albania Untold Stories" begegnen wir Menschen, deren Biografien vom kommunistischen Regime Albaniens verfolgt und entrechtet wurden. Die eindringlichen Fotografien von Dong-Ha Choe, auf dessen Initiative das Projekt zurückgeht, verleihen diesen Geschichten visuelle Tiefe und machen sie einem breiten Publikum zugänglich. Sie stehen stellvertretend für ein System der Repression, das sich nicht nur gegen politische Gegner richtete, sondern mit unerbittlicher Konsequenz ganze Familien verfolgte. 

Die Ausstellung verwebt die Geschichten der Internierten und Inhaftierten zu einem Bild der systematischen Unterdrückung. Wer aus der Reihe tanzte, aus der falschen Familie stammte oder sich im Stillen gegen die Partei auflehnte, musste um sein Leben und seine Freiheit fürchten. Vor allem diejenigen, die in den unmenschlichen Internierungslagern geboren wurden, trugen die Schuld ihrer Herkunft, ohne je eine Wahl gehabt zu haben. Ritvana und Lurian Mena, geboren 1980 und 1982 in Gradishtë, Lushnjë, wuchsen unter den Bedingungen der Internierung auf. Von Geburt an galten sie als "Kinder des Feindes" - eine Zuschreibung, die ihr Leben bestimmte. Ihre Familie wurde vom kommunistischen Regime als Feind eingestuft: Ihr Großvater und andere Verwandte wurden verfolgt, hingerichtet oder inhaftiert. Das Haus der Familie in Lurë, bekannt als "Kulla e Bajraktarit", wurde zerstört. Die Ausgrenzung begann früh. In der Schule erlebten sie Anfeindungen und Diskriminierung, ihr Alltag war geprägt von sozialer Isolation. Erst im September 1990 durfte die Familie Mena Gradishtë verlassen und zog nach Tirana, mit der Hoffnung auf ein neues Leben, das jedoch mit der Vergangenheit verbunden blieb. Ritvana wurde Englischlehrerin, Lurian besuchte ein Militärgymnasium in der Türkei und kehrte später als Fußballtrainer nach Albanien zurück. Das Foto zeigt die Geschwister im Historischen Nationalmuseum in Tirana. Ruhig stehen sie vor der musealen Kulisse, ihr Blick ist ernst, aber gefasst. Die Fotografie fängt eine Haltung ein, die keiner dramatischen Geste bedarf - das Erlebte ist bereits in ihrem Ausdruck und ihrer Präsenz präsent.

Aber auch Intellektuelle, Künstler und Militärs wurden zur Zielscheibe eines Systems, das die totale Kontrolle zum Herrschaftsprinzip erhoben hatte. Lekë Tasi, Musiker und Maler, wurde aus dem kulturellen Leben verdrängt. Er arbeitete als Cellist in verschiedenen Orchestern, wurde aber 1967 aus politischen Gründen entlassen und später mit seiner Familie nach Grabjan verbannt, wo sie 15 Jahre lang unter schwierigen Bedingungen lebten. Sein Vater hatte nach dem Krieg bereits eine zwanzigjährige Haftstrafe verbüßt, sein Onkel starb im selben Gefängnis. Die ganze Familie Tasi lernte die unerbittliche Seite des Regimes kennen. Sein Porträt zeigt Lekë Tasi im hohen Alter, auf einem einfachen Stuhl sitzend, die Hände locker im Schoß, den Blick ruhig, aber bestimmt. Das Foto fängt die Würde eines Mannes ein, der trotz Verfolgung und Entbehrungen seine innere Haltung bewahrt hat.

Auch Rajmond Sejko und seine Familie haben den permanenten Terror am eigenen Leib erfahren: Sein Vater, Teme Sejko, war Kommandant der albanischen Marine und wurde nach der Loslösung Albaniens von der Sowjetunion unter dem falschen Vorwurf eines Staatsstreichs hingerichtet. Sein Bruder wurde 1974 zum Tode verurteilt, was seine Mutter in den Selbstmord trieb. Rajmond selbst wurde 1975 verhaftet und zu acht Jahren Haft verurteilt. Auf die Haft folgte die Verbannung. Nach dem Ende des kommunistischen Regimes emigrierte er in die USA. Hier steht Rajmond Sejko auf einem Dach in Tirana, im Hintergrund die Stadt und die Berge. Die klare, ungeschützte Szenerie spiegelt sein Leben wider - geprägt von Verfolgung, Haft und Exil. Trotz der Schatten der Vergangenheit steht er fest, stiller Zeuge einer Zeit, die sein Leben unwiderruflich geprägt hat. 

Nicht selten war es der bloße Versuch, sich über die Landesgrenzen zu retten, der Menschen in die Mühlen der Repression führte. Gëzim Spaho, der 1967 mit einem Freund aus Albanien fliehen wollte, wurde verhaftet und zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Die Hälfte der Strafe verbrachte er in einem Jugendgefängnis, bevor er in das Arbeitslager Spaç verlegt wurde, wo er Zeuge des Aufstands der Gefangenen gegen die unmenschlichen Bedingungen wurde. Nach seiner Entlassung wurde er interniert. Hier steht Gëzim Spaho in seinem Garten in der Nähe von Durrës, mit ruhigem Blick, aber gezeichnet von den Erlebnissen seiner Vergangenheit. Im Hintergrund ein Bunker - einer von Tausenden, die bis heute von der Paranoia der einstigen Machthaber zeugen.  
Shkëlqim Abazi sitzt in einem Gartencafé in Berat, die Hände gefaltet, der Blick ruhig, aber nachdenklich. 1951 in Berat geboren, wurde er 1968 im Alter von 16 Jahren verhaftet, als er sich mit einem Freund am Strand von Himarë aufhielt. Sie wurden fälschlicherweise beschuldigt, das Land illegal verlassen zu wollen und einer illegalen Gruppe anzugehören. Abazi wurde in den Verhörzentren von Vlorë und Shkodër gefoltert, wobei er teilweise sein Seh- und Hörvermögen verlor. Das Gericht in Shkodër verurteilte ihn zu fünf Jahren Haft, die er im berüchtigten Gefangenenlager Spaç verbrachte. Nach der Wende dokumentierte er das Leid der politischen Gefangenen in mehreren Büchern, darunter Spaçi: Varri i të Gjallëve (2018).  

Aufrecht und mit festem Blick steht Bedri Blloshmi in einer Seitenstraße von Tirana - ein Mann, der die Schrecken der Vergangenheit überlebt, aber nicht vergessen hat. 1976 wurde er verhaftet. 1976 wurde er verhaftet, ein Jahr später wegen „Wirtschaftssabotage“ und „Agitation und Propaganda“ gegen das Regime zunächst zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde in 25 Jahre Haft umgewandelt, von denen er fast 15 Jahre in den berüchtigten Gefängnissen Spaç und Qafë-Bari verbrachte. Nach seiner Freilassung im Frühjahr 1991 arbeitete er zeitweise als Polizist und veröffentlichte zahlreiche Bücher über die Repressionen des kommunistischen Regimes - eine Stimme der Erinnerung in einem Land, in dem noch immer viel zu viel geschwiegen wird.  

Vera Bekteshi sitzt in einem Café in Tirana, den Kopf in die Hand gestützt, den Blick nachdenklich. Sie wurde 1946 geboren und war eine der ersten Atomphysikerinnen Albaniens, bevor das Regime ihr Leben zerstörte. Nach der Verhaftung ihres Vaters 1974 verlor sie ihren Beruf, wurde von ihrem Mann verlassen und mit ihrer Familie für 16 Jahre nach Berat ins Exil geschickt. Nach ihrer Rückkehr 1991 promovierte sie und wurde Schriftstellerin, ihre Bücher und Artikel dokumentieren die Jahre der Isolation und Unterdrückung.  

Fatos Lubonja wurde 1951 in Tirana geboren und 1974, ein Jahr nach der Verurteilung seines Vaters als „Volksfeind“, verhaftet. Mit 23 Jahren, als junger Vater und Student, wurde er wegen „Agitation und Propaganda“ zu sieben Jahren Haft verurteilt - wegen rebellischer Tagebuchaufzeichnungen, die er als 19-Jähriger verfasst hatte. Im berüchtigten Gefangenenlager Spaç verweigerte er häufig die Zwangsarbeit, was ihm Misshandlungen und Einzelhaft einbrachte. 1978 wurde er wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer „antisozialistischen Organisation“ zu weiteren 16 Jahren Haft verurteilt und verbrachte fast 17 Jahre in Gefängnissen und Arbeitslagern, bis er 1991 entlassen wurde. Nach seiner Freilassung wurde er zu einer der wichtigsten Stimmen für die Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit Albaniens und veröffentlichte mehrere Bücher, darunter Ridënimi (1997) und Jetë Burgu (2021). Das Foto zeigt ihn in seinem Haus, auf einem Hocker sitzend, die Beine übereinandergeschlagen, den Blick fest in die Kamera gerichtet. Sein Strohhut und seine legere Kleidung verleihen ihm eine stille Würde - ein Mann, der das Regime überlebt hat, aber nicht aufhört, darüber zu sprechen. 

Dong-Ha Choes Fotografien verleihen diesen Schicksalen eine unmittelbare, fast greifbare Präsenz. Seine Arbeiten erweitern den bisherigen Blick auf politische Häftlinge und machen insbesondere das Schicksal von Frauen und Kindern sichtbar, die in den offiziellen Statistiken oft verschwinden. Die Sichtbarmachung dieser Menschen im öffentlichen Raum ist für ihn eine Form der Anerkennung und Heilung. Seine eigene Biografie, geprägt durch das Schicksal seines Vaters, der in den 1960er Jahren vom südkoreanischen Geheimdienst entführt wurde, hat ihn für die Brüche in Lebensläufen durch machtpolitische Umstände sensibilisiert. So sucht er in seinen Arbeiten nach dem universellen Zusammenhang von Biografien, die von Diktaturen geprägt sind. 

Die Ausstellung präsentiert Geschichte nicht als abstrakte Erzählung, sondern verdichtet sie in Gesichtern, Haltungen, Blicken. Die Opfer der Diktaturen treten aus dem Schatten - ein Anliegen, das die Kuratorin Jonila Godole mit dieser Ausstellung verfolgt. Dank ihres langjährigen Engagements für die Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur in Albanien und für die Anliegen der Opfer dieses Regimes konnte sie Dong-Ha Choe die Frauen und Männer vorstellen, die der Fotograf so eindrücklich porträtiert hat. Die Ausstellung macht diese Geschichten einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich. Sie sind Teil des diktatorischen Erbes Albaniens, das nur bewahrt werden kann, wenn es gesehen wird. Die Ausstellung wurde von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Konrad-Adenauer-Stiftung gefördert und konnte so einem breiten internationalen Publikum präsentiert werden.

Shkëlqim Abazi

Porträt Shkëlqim Abazi
© Dong-Ha Choe

Shkëlqim Abazi wurde am 23. Dezember 1951 in Berat geboren. Am 11. August 1968, im Alter von 16 Jahren, wurde er zusammen mit einem Freund am Strand von Himarë verhaftet. Ihm wurde vorgeworfen, das Land verlassen zu wollen, sowie „Agitation und Propaganda“ betrieben zu haben. Drei Monate lang wurde er in den Untersuchungshaftanstalten von Vlora und später von Shkodra verhört und gefoltert. Die Behörden unterstellten ihm, Teil einer größeren, regimefeindlichen Gruppe zu sein. Infolge der Misshandlungen erlitt er bleibende Seh- und Hörschäden.

Am 23. Oktober 1968 verurteilte ihn das Gericht von Shkodra zu einer fünfjährigen Haftstrafe, die er im Arbeitslager Spaç verbüßte. Dort wurde er Zeuge des Aufstands von Spaç. Insgesamt verbrachte er 4 Jahre, 11 Monate und 15 Tage in Haft, bevor er 1973 freikam.

Nach dem Ende des kommunistischen Regimes veröffentlichte Abazi mehrere Bücher, in denen er die Leiden und die Zwangsarbeit politischer Gefangener schilderte. Seine Berichte wurden in der albanischen Presse vielfach publiziert und fanden Eingang in Dokumentarfilme. Er ist Autor von zwei wichtigen Werken über das Leben der Häftlinge in den Gefängnissen der Diktatur: Repsi: Kampi i Punës së Detyruar (2017) und Spaçi: Varri i të Gjallëve (2018).

Vera Bekteshi

Vera Bekteshi
© Dong-Ha Choe

Vera Bekteshi wurde am 29. April 1946 geboren und gehörte zur ersten Generation von Kernphysikern in Albanien. Sie arbeitete sechs Jahre lang erfolgreich als Dozentin an der Fakultät für Physik. Im Jahr 1974 wurde ihr Vater, ein hochrangiger Militär und kommunistischer Funktionär aus Nordalbanien, im Rahmen der als „Eiserner Besen“ bekannten Säuberungsaktion verhaftet.

Nach der Verhaftung ihres Vaters erlebte sie die volle Härte eines repressiven Regimes, in dem niemand sicher war. Ihr Ehemann verließ sie nach neun Jahren Ehe, sie musste ihren kleinen Sohn allein großziehen und verlor ihre Anstellung. Gemeinsam mit ihrer Familie wurde sie aus Tirana nach Berat verbannt, wo sie fast 16 Jahre in Isolation unter schwierigen sozialen Bedingungen und extremer Armut lebte.

Nach ihrer Rückkehr nach Tirana im Jahr 1991 begann sie eine Tätigkeit am Hydrometeorologischen Institut und konnte 1997 ihre durch die Internierung unterbrochene Promotion abschließen. Sie ist Autorin mehrerer Bücher und wurde mit Literaturpreisen ausgezeichnet. Zu ihren Werken zählen Vila me Dy Porta (2010), Ora me Rërë (2016) und Pusulla të Verdha (2022). Zudem veröffentlichte sie zahlreiche Artikel in albanischen Zeitungen, die sich mit ihren Erfahrungen während der Internierungszeit befassen.
 

Bedri Blloshmi

Porträt Bedri Blloshmi
© Dong-Ha Choe

Bedri Blloshmi wurde am 2. Juni 1950 im Dorf Bërzeshtë im Kreis Librazhd geboren. Im Februar 1976 wurde er als Mitglied der sogenannten „Gruppe von Bërzeshtë“ zusammen mit den Dichtern Genc Leka und seinem Bruder Vilson Blloshmi verhaftet. Der Prozess begann am 6. Juni 1977 mit den Anklagen wegen „Sabotage der genossenschaftlichen Wirtschaft in Zusammenarbeit“ sowie „Agitation und Propaganda gegen die ©macht“. Alle drei Angeklagten wurden zunächst zum Tode verurteilt.
Eine Woche später, am 13. Juni 1977, sprach das Gericht von Librazhd gegen die beiden Dichter das Todesurteil durch Erschießen aus, während Bedris Strafe in 25 Jahre Haft, den Entzug des Wahlrechts für fünf Jahre sowie die Konfiszierung seines Besitzes umgewandelt wurde. Die Haftzeit verbrachte er größtenteils in den Gefängnissen von Spaç, Qafë-Bari und Burrel, insgesamt 14 Jahre, 11 Monate und 26 Tage. Am 29. März 1991 wurde er freigelassen.

Nach seiner Entlassung arbeitete er als Polizeioffizier und Jurist. Von September 2013 bis Juni 2014 leitete er für einige Monate das Institut zur Integration der politisch Verfolgten.

Bis heute hat Bedri Blloshmi über zwölf Bücher veröffentlicht, die auf Zeitzeugenberichten und Archivdokumenten basieren. Sie befassen sich unter anderem mit dem Widerstand ehemaliger politischer Gefangener, darunter der Aufstände in Spaç und Qafë-Bari.
 

Fatos Lubonja

Porträt Fatos Lubonja
© Dong-Ha Choe

Fatos Lubonja wurde am 27. April 1951 in Tirana geboren. Am 25. Juli 1974 wurde er verhaftet, ein Jahr nach der Verurteilung seines Vaters, des ehemaligen Direktors des albanischen Radio- und Fernsehsenders, der als „Volksfeind“ gebrandmarkt wurde. Zum Zeitpunkt seiner Verhaftung war Lubonja 23 Jahre alt, Student und Vater zweier kleiner Töchter. Ihm wurde „Agitation und Propaganda“ vorgeworfen, basierend auf kritischen Tagebucheinträgen, die er im Alter von 19 Jahren verfasst hatte.
Zunächst wurde er zu sieben Jahren Haft im Lager Spaç verurteilt. Da er sich dort mehrfach weigerte, Zwangsarbeit in den Minen zu leisten, wurde er schwer misshandelt und für Wochen oder Monate in Isolationshaft gehalten. 1978 erhielt er eine zusätzliche Strafe von 16 Jahren, gemeinsam mit anderen Gefangenen, unter der konstruierten Anklage, Mitglied einer „antisozialistischen Organisation“ zu sein. Lubonja wurde am 17. März 1991 per Amnestie-Dekret freigelassen, nachdem er fast 17 Jahre in berüchtigten Gefängnissen und Lagern wie Ballsh, Qafë-Bari, Burrel und Spaç verbracht hatte. Während seiner Haftzeit schrieb er ein Tagebuch und einen Roman auf Zigarettenpapier.

Lubonja gehört zu den wenigen Intellektuellen, die öffentlich eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der kommunistischen Diktatur Albaniens forderten. Seine Erfahrungen mit dem Regime schilderte er in den Büchern Ridënimi (Die Wiederverurteilung, 1997), Në vitin e shtatëmbëdhjetë: Ditar Burgu 1990–1991 (Im siebzehnten Jahr: Gefängnistagebuch 1990–1991, 1994) und Jetë Burgu (Gefängnisleben, 2021).

Ritvana & Lurian Mena

Ritvana & Lurian Mena
© Dong-Ha Choe

Ritvana und Lurian Mena wurden 1980 bzw. 1982 im Dorf Gradishtë bei Lushnjë geboren, wohin ihre Familie unter schwierigen Bedingungen verbannt worden war. Ihr Leben war von Beginn an durch den Status als „Kinder eines Feindes“ geprägt. Ihr Großvater und weitere Verwandte wurden als Regimegegner und Nationalisten verfolgt – viele von ihnen wurden getötet, inhaftiert oder ins Exil geschickt. Das Familienhaus in Lurë, Pukë, bekannt als die „Bajraktar-Turm“, wurde niedergebrannt und zerstört.

Diese Familiengeschichte hatte unmittelbare Auswirkungen auf die Kindheit von Ritvana und Lurian. Sie erlebten Ausgrenzung und Diskriminierung sowohl in der Schule als auch im Alltag. Bis September 1990 lebten Bruder und Schwester in Internierung, ehe die Familie Mena nach Tirana zog, um sich dort ein neues Leben aufzubauen.

Ritvana studierte in Tirana, während Lurian eine militärische Oberschule in der Türkei besuchte, bevor er nach Albanien zurückkehrte. Heute arbeitet Ritvana als Englischlehrerin, während Lurian als Fußballtrainer tätig ist. Ihre Kindheitserfahrungen während der Internierung wurden in der Dokumentation Die Kinder der Diktatur thematisiert.

Rajmond Sejko

Porträt Rajmond Sejko
© Dong-Ha Choe

Rajmond Sejko wurde am 15. August 1948 in Tirana geboren und erlebte bereits in seiner Kindheit Verfolgung. Sein Vater, Teme Sejko, Kommandant der albanischen Marine, wurde nach dem Bruch Albaniens mit der Sowjetunion verhaftet und unter der falschen Anschuldigung, einen Staatsstreich geplant zu haben, hingerichtet. Nach der Ermordung des Vaters wurden Rajmond, seine Mutter und sein Bruder interniert und später nach Berat verbannt. Nach einer Tätigkeit im Bauwesen wurde er zum Militärdienst nach Burrel geschickt.

Im Jahr 1974 wurde sein 24-jähriger Bruder nach einem konstruierten Verfahren zum Tode verurteilt und hingerichtet. Diese Tragödie führte dazu, dass seine Mutter sich am 21. Februar 1975 das Leben nahm. Am selben Tag wurde Rajmond verhaftet und nach Artikel 73/1 des Strafgesetzbuchs angeklagt. Am 27. Mai 1975 verurteilte ihn das Volksgericht von Berat zu acht Jahren Haft sowie dem Entzug seiner Wahlrechte für fünf Jahre. Er verbrachte seine Haftzeit im Gefängnis von Spaç und wurde später zur Zwangsarbeit nach Kutalli verbannt, wo er in der Landwirtschaft arbeitete. 1988 wurde seine Verbannung um weitere fünf Jahre verlängert, und 1989 wurde er erneut wegen „Agitation und Propaganda“ angeklagt.

Insgesamt verbrachte Rajmond 8 Jahre, 8 Monate und 28 Tage in Haft. Am 29. Dezember 1989 wurde er freigelassen und zog nach Tirana. Trotz intensiver Bemühungen konnte er nie die sterblichen Überreste seines Vaters und seines Bruders ausfindig machen. Heute lebt Rajmond Sejko in den USA.
 

Gëzim Spaho

Porträt Gëzim Spaho
© Dong-Ha Choe

Gëzim Spaho wurde am 5. Dezember 1947 in Rakicë, Korça, geboren. Im Frühjahr 1967 versuchte er gemeinsam mit einem Freund, über die Region zwischen den beiden Prespa-Seen aus Albanien zu fliehen, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Nach einer dreimonatigen Untersuchungshaft wurden sie unter Druck gesetzt, ein Geständnis abzulegen, dass die Flucht geplant gewesen sei.

Am 24. Mai 1967 erklärte ihn das Gericht von Korça mit dem Urteil Nr. 16 für schuldig und verurteilte ihn zu acht Jahren Freiheitsentzug. Die erste Hälfte der Strafe verbüßte er in der Umerziehungseinheit 315 für Jugendliche in Gradishtë, Belsh, die zweite in der Haftanstalt 303 in Spaç, wo er Zeuge des Aufstands im Spaç-Gefängnis wurde.

Am 3. Dezember 1974 wurde er aus dem Lager Spaç entlassen, nachdem er insgesamt 7 Jahre, 7 Monate und 26 Tage in Haft verbracht hatte. Nach seiner Freilassung wurde er in das Dorf Shetaj im Kreis Durrës verbannt, später nach Hamallaj, wo er seine spätere Frau kennenlernte, die ebenfalls verfolgt worden war. Dort lebten sie unter äußerst schwierigen Bedingungen in einer notdürftigen Baracke.
 

Lekë Tasi

Porträt Lekë Tasi
© Dong-Ha Choe

Lekë Tasi wurde am 15. April 1929 in Athen in eine intellektuelle Familie geboren. Er und seine Familie wurden während des kommunistischen Regimes mehrfach verfolgt. Sein Vater, ein einflussreicher Politiker der 1920er Jahre, wurde 1945 zu 20 Jahren Haft verurteilt, die er vollständig im Gefängnis von Burrel verbrachte. Sein Onkel, ein ehemaliger Journalist, wurde ebenfalls in Burrel inhaftiert und starb dort unter ungeklärten Umständen. Seine sterblichen Überreste wurden nie gefunden. Später wurden auch sein Bruder und seine Schwester Tefta, eine der ersten Opernsängerinnen Albaniens, inhaftiert.

Lekë Tasi hatte Musik studiert und arbeitete von 1946 bis 1967 als Cellist in der Rundfunk-Orchester, der Philharmonie und später im Opernhaus. 1967, auf dem Höhepunkt der Klassenkämpfe, wurde er aus politischen Gründen entlassen und arbeitete bis 1971 in der Landwirtschaft. In dieser Zeit begann er mit Übersetzungen und Malerei.

Im Oktober 1975 wurde er mit seiner Familie nach Grabjan, Lushnja, verbannt, wo sie 15 Jahre lang lebten. Seine persönlichen und familiären Erfahrungen schilderte er in seinem umfangreichen Buch Grabjani rrëzë kodrave (Grabjan am Fuße der Hügel, 2009). Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit wurde er als Maler anerkannt und stellte seine Werke sowohl in Albanien als auch im Ausland aus.
 

Weitere Informationen

Sie möchten die Ausstellung zeigen? Dann wenden Sie sich bitte an den Fotografen Dong-Ha Choe dongha.choe@gmail.com