Schülerprotest 1961: Wie die Stasi gegen eine Abiturklasse der Erweiterten Oberschule in Anklam vorging

Der Aktenauszug enthält Kopien aus den Stasi-Unterlagen zur 12. Klasse einer Erweiterten Obeschule (EOS) in Anklam. Die Jungen dieser Klasse waren im Herbst 1961 im Unterricht gezwungen worden, sich zum damals noch freiwilligen Wehrdienst zu verpflichten. Dagegen wollten die Schülerinnen und Schüler mit Protestaktionen in der Schule ihren Unmut zeigen. Ein zufällig in der Schule anwesender Bezirksschulinspektor sah in den Protesten eine staatsfeindliche Provokation. Er informierte die zuständige SED-Kreisleitung. Die Meldung schlug kurz nach dem Mauerbau besonders hohe Wellen. Das Zentralkomitee der SED schaltete sich ein und ließ durch das MfS ein Exempel statuieren. Anhand des Untersuchungsvorgangs wird deutlich, wie das MfS und andere staatliche Institutionen im Auftrag der SED-Führung Druck auf alle Schüler der oberen Klassenstufe und deren Eltern sowie auf das Lehrerkollegium ausübten. Sie ließen die betreffende Abiturklasse auflösen, deren Schüler und Schülerinnen von der Schule verweisen und drei Schüler wurden sogar verhaftet. Darüber hinaus wurden der Schulleiter abgesetzt und etliche Lehrer wegen der unterlassenen Meldung strafversetzt.