Christina Morina war 2005 bis 2007 Stipendiatin der Bundesstiftung Aufarbeitung. Im Juni 2024 wurde ihr jüngstes Buch "Tausend Aufbrüche. Die Deutschen und ihre Demokratie seit den 1980er-Jahren" (erschienen 2023 bei Siedler) mit dem Deutschen Sachbuchpreis ausgezeichnet. Wir haben mit ihr im Kurz-Interview auf die Zeit ihrer Promotion zurückgeblickt.

Prof. Dr. Christina Morina
© Thomas Gebauer

Sie haben 2007 promoviert: Wie ging es danach für Sie weiter?

Ich war ab 2008 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Neure und Neueste Geschichte an der Universität Jena und bin danach auch dank einer von der DFG finanzierten eigenen Stelle in die Niederlande gegangen, um dort für meine Habilitation zur Entstehungsgeschichte des Marxismus zu forschen. Dort sind wir dann viel länger geblieben, als geplant und ich durfte von 2015 bis 2019 am Deutschlandinstitut Amsterdam als DAAD-Fachlektorin arbeiten. Seit September 2019 bin ich an der Universität Bielefeld Professorin für Allgemeine Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der Zeitgeschichte.

Hat Ihnen die Promotion auf Ihrem Weg geholfen?

Ja, sie war essentiell, ohne sie hätte ich meinen Wunsch, in der akademischen Forschung und Lehre Fuß zu fassen, nicht realisieren können. Und in meinem Fall war gerade die transatlantische Verbindung – eine Einschreibung in den USA und ein Stipendium der Stiftung Aufarbeitung – eine hervorragende Voraussetzung, mich in beiden Hochschulsystemen zu bilden, weiterzuentwickeln und letztlich auch berufliche Perspektiven zu finden.

Sie haben über das Vermächtnis und Gedächtnis Stalingrad promoviert.* Würden Sie das Thema heute noch einmal so wählen?

Interessante Frage. Ich glaube, wenn bis heute niemand sonst über die Frage, wie die Deutschen in Ost und West nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Geschichte und den Folgen des Krieges gegen die Sowjetunion umgegangen sind, eine Forschungsarbeit geschrieben hätte, ja. Ich hielte sie immer noch für sehr relevant, auch in der Zuspitzung, die ich damals gewählt habe, als Frage nach den biografischen Kontexten und der politischen Relevanz des öffentlichen Redens über den „Rußlandfeldzug“ im geteilten Deutschland. 

Was ist Ihnen aus Ihrer Zeit als Stipendiatin bei der Bundesstiftung Aufarbeitung besonders in Erinnerung geblieben?

Der rege, mitunter auch kontroverse, Austausch über unsere Forschungsvorhaben unter den Stipendiat*innen und mit Gästen sowie den Mitgliedern des Beirats, daran kann ich mich gut erinnern. Und an viele Gespräche über den Stand der DDR-Forschung und wie man sich mit der DDR nicht nur wissenschaftlich, sondern auch öffentlich adäquat auseinandersetzt.

Welchem Ratschlag würden Sie jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf Ihrem Weg zur Promotion geben?

Das eigene Interesse an der Frage, die man sich zur Aufgabe gemacht hat, nicht aus den Augen verlieren; sich viel austauschen; herausfinden, was ein guter Rat ist und diesen auch hören; nicht allzu viel publizieren und nicht mehr als zwei Tagungen im Jahr besuchen. Und ansonsten: Durchhalten und Mensch bleiben! 

* Die Arbeit ist 2011 unter dem Titel „Legacies of Stalingrad. Remembering the Eastern Front in Germany since 1945“ bei Cambridge University Press erschienen.

Alumni-Porträt

Thema
Legacies of Stalingrad. Remembering the Eastern Front in Germany since 1945