Im Frühjahr 1964 wurde am westlichen Saaleufer in Sichtweite der Stadt Halle der Grundstein für das ambitionierteste Städtebauprojekt der DDR gelegt – die sozialistische „Stadt der Chemiearbeiter“ Halle-Neustadt. Deren Erbauer konnten bereits Erfahrungen vorweisen: Seit Ende der Fünfzigerjahre waren „Stalinstadt“, das spätere Eisenhüttenstadt, Hoyerswerda und Schwedt als erste Projekte des sozialistischen Städtebaus entstanden. „Sozialistische Wohnsiedlungen“ wie Berlin-Marzahn, Rostock-Lichtenhagen und Jena-Lobeda baute die DDR ab den Sechzigern in nahezu jeder Stadt. Ihr hervorstechendstes gemeinsames Kennzeichen war, dass sie nahezu vollständig aus industriell vorgefertigten Platten errichtet wurden. In den Sechzigerjahren war diese Bauweise noch nicht unter das Verdikt gefallen, eine bloße „Unterproduktion an Raumbedingungen menschlichen Seins“ zu sein, wie der Philosoph Lothar Kühne über die DDR-Baukultur der späteren Jahre urteilte. So konnte der zuständige SED-Bezirkssekretär Horst Sindermann zur Grundsteinlegung Halle-Neustadts verkünden: „Es sollen solche Lebensbedingungen geschaffen werden, […] die den Menschen Zeit und Muße für ihre kulturelle Bildung, für eine sinnvoll genutzte Freizeit bieten – eine Stadt also, in der zu leben für jeden Glücklichsein heißt.“ Die „Chemiearbeiterstadt“, zunächst geplant für 70 000 Menschen, hatte erklärtermaßen Modellcharakter für das, was in der DDR unter „sozialistischem Städtebau“ verstanden wurde. Vieles spricht dafür, dass hier eine „DDR im Kleinen“ errichtet werden sollte: ein Prototyp für die neuen, besseren Lebens- und Produktionsverhältnisse und einer mustergültig sozialistischen Einwohnerinnen- und Einwohnerschaft.
Den vollständigen Aufsatz können Sie hier lesen:
Informationen zum Autor finden Sie hier.