Landwirtschaftsausstellung in der DDR
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Im Januar 1960 unterrichtete Walter Ulbricht alle Ersten Sekretäre der Bezirks- und Kreisleitungen der SED, dass Maßnahmen getroffen worden seien, „um zu verhindern, dass DDR-Bürger, besonders Bauern, die ‚Grüne Woche‘ besuchen“. Überhaupt solle jeder Bürger davon überzeugt werden, „dass es unwürdig ist, nach Westberlin zu fahren“. Ulbricht, Generalsekretär des ZK der SED und de facto erster Mann im Staat, hatte gute Gründe für sein persönliches Eingreifen, denn schließlich stand in jenem Jahr der „Frühling auf dem Lande“ vor der Tür. Gemeint war die Kollektivierung bzw. „Vergenossenschaftlichung“ der DDR-Landwirtschaft, also die Umwandlung von Privatbetrieben in landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften. Dafür galt es, sämtliche Kräfte zur Bekämpfung innerer wie äußerer Feinde zu mobilisieren und „Maßnahmen zu treffen, um die Besucherzahl der ‚Grünen Woche‘ aus der DDR auf ein Minimum zu reduzieren“. Denn in der Vorstellungswelt der ostdeutschen Partei- und Staatsführung hatte alle „Feindtätigkeit“ ihre Ursprünge im Westen und hier, unterm Funkturm in Berlin-Charlottenburg, meinte man einen solchen Ort „gegnerischer“ Tätigkeit ausgemacht zu haben. In dem Prozess der Neugestaltung der Agrarpolitik durch die SED stellt sich nicht nur die Frage nach dem Stellenwert der alljährlichen „Grünen Woche“, sondern auch nach den Maßnahmen der Machthaber gegen die Landwirtschaftsmesse.

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‘Land in Sicht‘? Agrarexpositionen in der deutschen Systemauseinandersetzung: Die ‚Grüne Woche‘ und die DDR-Landwirtschaftsausstellung in Leipzig-Markkleeberg 1948–1962