Im Winter des Jahres 1956 trat zum ersten Mal eine gesamtdeutsche Olympiamannschaft bei den Winterspielen in Cortina d’Ampezzo an und symbolisierte den scheinbaren Triumph des Sports über die Politik. Tatsächlich öffnete das Internationale Olympische Komitee mit dem Kompromiss einer gemeinsamen Mannschaft für die geteilte Nation der Politisierung der Olympischen Bewegung Tür und Tor. Denn in Ost wie in West geriet die gesamtdeutsche Olympiamannschaft immer wieder unter den Einfluss unterschiedlicher deutschlandpolitischer Konzepte. Das erschwerte die Verhandlungen der ost- und westdeutschen Sportfunktionäre, die beide unter gehörigem Druck ihrer Regierungen standen. Daher brauchte es zwischen 1962 und 1964 bereits 96 Sitzungen der Fachverbände, 15 Sitzungen der Nationalen Olympischen Komitees (NOK) und insgesamt über 1000 Beratungsstunden, um das Zustandekommen der Mannschaft zu verhandeln.
Hinzu kamen 60 erbitterte Ausscheidungswettkämpfe, die darüber entschieden, welche Athleten und Athletinnen aus Ost und West in die Mannschaft aufgenommen wurden. Die Reaktionen des Publikums bei den Ausscheidungswettkämpfen zeugten davon, dass die Deutschen ihre Brüder und Schwestern im anderen Teil des Landes zunehmend als sportliche Gegner sahen. So wurde der in den Westen geflüchtete Turner Kurt Friedrich bei den Qualifikationskämpfen in Magdeburg ausgebuht; gegen die DDR-Turner-Garde flogen dafür in der Bundesrepublik Eier. Die gesamtdeutsche Olympiamannschaft verkam zur nationalen Illusion.