Im Sommer des Jahres 1980 unternahm die Arbeiter- und Bauerninspektion (ABI) eine Untersuchung im mecklenburgischen Kreis Gadebusch mit dem Ziel, den Lebensmittelsabsatz auf dem Land zu analysieren. Die Ergebnisse, die der Erste Sekretär der SED-Bezirksleitung Schwerin, Heinz Ziegner, dann auf seinem Schreibtisch vorfand, waren erstaunlich. Die Inspektion im Ort Kasendorf hatte ergeben, dass die dortige Konsum-Verkaufsstelle wöchentlich 730 bis 1200 Schwarzbrote, 210 Mischbrote und täglich rund 20 Kisten an Buttermilch absetzen konnte. Allerdings zählte das Dorf nur 69 Einwohner, der durchschnittliche Brotverbrauch eines Haushalts lag also bei stolzen 60 Broten pro Woche! Man könnte meinen, der Hunger der Dorfbewohner muss gewaltig gewesen sein. Tatsächlich vertilgten jedoch andere die Brotberge, nämlich die, wie es damals hieß, individuellen Schweine und Kühe. Doch worum handelte es sich bei diesen Tieren? Schon 1945 hatte man in der Sowjetischen Besatzungszone eine Bodenreform durchgeführt. Landbesitz über 100 Hektar sowie Grundbesitz von Kriegsverbrechern und aktiven Nationalsozialisten wurden enteignet und meist an Neubauern vergeben. Wenige Jahre später verfolgte die SED jedoch bereits ein anderes Agrarkonzept. Nachdem sie zuvor die Bildung von Landwirtschaftsgenossenschaften abgelehnt hatte, wurden diese nun zugelassen, und im Jahr 1952 gründeten sich die ersten Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG).