Personen blicken von einer in Westdeutschland gelegenen Aussichtsplattform über die Grenzmauer in die DDR
© Bundesstiftung Aufarbeitung, Klaus Mehner, Bild: 69 1210 008

Eine Million Menschen verfolgen, wie vor dem Reichstagsgebäude in Berlin die deutsche Fahne gehisst wird. Gegen Mitternacht läuten die Freiheitsglocken, die Nationalhymne erklingt – diese Szene in der Nacht vom 2. auf den 3. Oktober 1990 liegt nun fast zwei Jahrzehnte zurück. Jahr für Jahr wird am Tag der deutschen Einheit in einer zentralen Feierstunde wie bei anderen Veranstaltungen im ganzen Lande der Teilung und der friedlichen staatlichen Vereinigung gedacht. Wie fremd sich die Deutschen in beiden Teilen des Volkes geworden waren, welches Ausmaß an Ignoranz und welches Desinteresse die vier Jahrzehnte der Spaltung hervorgebracht hatten, findet in den Festreden der Gegenwart jedoch kaum Erwähnung. Dabei wäre ein genauer Blick vor allem auf die westdeutschen Befindlichkeiten während der achtziger Jahre durchaus lohnend.

Ohne Frage hatte die Kontinuität in der Bonner Deutschlandpolitik von der Regierung Schmidt zur Regierung Kohl dazu beigetragen, die Teilung erträglicher und die Mauer durchlässiger zu machen. Es waren vor allem Geldzahlungen, die Ost-Berlin veranlassten, die Reisemöglichkeiten in beide Richtungen zu lockern, wenngleich nur äußerst vorsichtig. Verwandtschaftliche Bande zwischen Ost und West waren – trotz Teilung und trotz Mauer – nicht zerstört worden. Außerdem existierten unterschiedliche deutsch-deutsche Begegnungen, etwa zwischen Kirchengemeinden.

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Thema
Uneinig in die Einheit. Die Sozialdemokratie und die Vereinigung Deutschlands 1989/90