Am 10. März 1990 wurden in den Abendnachrichten schockierende Bilder
gezeigt: Nahe dem ehemaligen Konzentrationslager Sachsenhausen im Norden
von Berlin legten Soldaten der Nationalen Volksarmee der DDR Schädel
und Gebeine frei. Mit diesen Funden deckten sie gleichsam ein Kapitel deutscher
Nachkriegsgeschichte auf, das in der DDR tabuisiert und in der alten
Bundesrepublik in Vergessenheit geraten war: die sowjetischen Speziallager. Teilweise in vormaligen NS-Konzentrationslagern eingerichtet, hatte die sowjetische Besatzungsmacht in diesen Lagern zwischen 1945 und 1950 nach offiziellen Angaben rund 123 000 Deutsche eingesperrt, neuere Forschungen gehen von 154 000 deutschen Häftlingen aus. Etwa ein Drittel von ihnen hat die Haft nicht überlebt, sie waren an Hunger und hungerbedingten Krankheiten zugrunde gegangen.
Der Schock des Frühjahrs 1990 hielt indes nicht lange an. Schnell entbrannte ein erbitterter Streit über den Zweck dieser Lager. Waren es Internierungs und Straflager, wie sie nach Kriegsende auch von den anderen Siegermächten im Rahmen der Entnazifizierung betrieben wurden?