Buchmesse Leipzig
© Bundesstiftung Aufarbeitung, Klaus Mehner, Bild 79_0312_WIF_Messe_06

Am Vorabend der Buchmesse-Eröffnung im März 1977 kontrollierte eine Gutachterkommission zum letzten Mal die Exponate der westdeutschen Aussteller. Mittlerweile waren alle Stände aufgebaut und gestaltet, die ausgewählten Titel aus dem aktuellen Programm an Ort und Stelle platziert. In den vier Etagen des Messehauses am Markt, dem Ort der Buchmesse im Leipziger Zentrum, herrschte die Ruhe vor dem Sturm. Erst am nächsten Morgen würden sich die Gänge mit Leben füllen, wenn ab neun Uhr nicht nur die Aussteller und Fachbesucher Zutritt hätten, sondern vor allem die vielen neugierigen Leser des Landes. Die Teilnehmer des Rundgangs wollten auf Nummer sicher gehen, dass  ihnen bei den verschiedenen Vorkontrollen kein in der DDR unerwünschtes Buch entgangen war. Die vielen im Vorfeld erstellten Listen beanstandeter Titel sollten schließlich nicht umsonst geschrieben worden sein. Die Zensoren hatten Literatur „unter Verfügungsverbot“ gestellt und die Beschlagnahmen von Büchern in langen Berichten begründet. Keinesfalls durfte das DDR-Publikum antisowjetische Hetze, Pornografie, Dissidentenliteratur oder kriegsverherrlichende Schriften zu Gesicht bekommen. Seit Jahren hatte man einen funktionierenden Messe-Zensurapparat etabliert, bei dem geschulte Genossen aus dem Ministerium für Kultur, dem Außenhandelsbetrieb Buch-Export und -Import und den Zollbehörden Hand in Hand arbeiteten.

Vollständiger Aufsatz