Menschen verlassen Wahllokal
© Bundesstiftung Aufarbeitung, Harald Schmitt, Bild 790576-01

Die Genossen konnten zufrieden sein. Als sich in den Abendstunden des 15. Oktober 1950 abzeichnete, dass die Wahlen zur Volkskammer, zu den Land- und Kreistagen sowie den Gemeindevertretungen in der DDR weitgehend reibungslos verlaufen waren, atmete die SED-Führung auf. Trotz ernster Befürchtungen war es während des Urnengangs kaum zu größeren Zwischenfällen gekommen. Die Anstrengungen des Staats- und Parteiapparates, der seit Monaten auf diesen Termin hingearbeitet hatte, bewährten sich im großen Maßstab. Mit 99,72 Prozent der abgegebenen Stimmen billigten die Wähler laut amtlichem Endergebnis die ihnen vorgelegte Einheitsliste mit den Kandidaten für die Volksvertretungen – bei einer angeblichen Wahlbeteiligung von über 98 Prozent. Aus Sicht der Parteispitze ein nahezu perfektes Resultat. Dass diese Zahlen auf massiven Wahlmanipulationen und Fälschungen beruhten, war zwar offensichtlich, kümmerte die Machthaber indes wenig. Vielmehr nutzte das SED-Regime den Ausgang der Wahlen, um sich selbst den Anschein der Legitimität zu verleihen. Zugleich gab die Führung in Ost-Berlin sowohl der eigenen Bevölkerung als auch dem Westen deutlich zu verstehen, dass sie fest entschlossen sei, sich weder einem freien Wettbewerb der Parteien zu stellen noch gar abwählen zu lassen.

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Zwischen Opposition und Blockpolitik. Die ‚bürgerlichen‘ Parteien und die SED in den Landtagen von Brandenburg und Thüringen 1946–1952