Auf Einladung der Bundesstiftung Aufarbeitung haben Mitarbeiter von Aufarbeitungs- und Forschungseinrichtungen, Museen und Gedenkstätten sowie aus Medien und Politik die Möglichkeit, vor Ort die Geschichte eines Landes und den jeweiligen Umgang damit kennen zu lernen. Dabei entstehen vielfältige Netzwerkkontakte, die für eine künftige Zusammenarbeit und die Entwicklung gemeinsamer Projekte genutzt werden können. Bislang bereist wurden: Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Georgien, Kroatien, Lettland, Estland, Polen, Rumänien, Republik Moldau, Russland, Serbien, Spanien, Tschechien, Ungarn sowie die Ukraine.
Die 16. Studienfahrt, die wir gemeinsam mit der Konrad-Adenauer-Stiftung organisiert haben, führte 20 Vertreter/-innen von Aufarbeitungseinrichtungen nach Albanien, um Kontakte für die künftige Zusammenarbeit zu knüpfen oder auszubauen. Die Führungen durch die Straf- und Internierungslager Spaç und Tepelena, durch die Gedenkstätte „Site of Witnesses and Memory“ im nordalbanischen Shkodra sowie der Besuch des Nationalmuseums, brachten den Teilnehmer/-innen die Geschichte des Landes und wichtige Initiativen zur Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur in Albanien näher.
Der Journalist Bernhard Schulz hat für den Tagesspiegel eine Reportage über die Reise geschrieben: Albanien und seine kommunistische Vergangenheit. Ein Land, ein Lager
Einen Bericht über unsere Studienfahrt hat auch die Teilnehmerin Dr. Anke Geier, Wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Landesbeauftragten des Freistaats Thüringen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, verfasst.
Die mittlerweile 15. Studienfahrt führte vom 29. April bis 6. Mai 2018 nach Georgien. 100 Jahre nachdem sich Georgien im Mai 1918 nach der Oktoberrevolution unabhängig und zur Demokratischen Republik Georgien erklärt hat und kaum zwei Jahre später unter sowjetische Herrschaft geriet, interessierte die Delegation, wie Georgien heute mit seiner vielschichtigen Vergangenheit umgeht. Das Kennenlernen der Geschichte und der „Aufarbeitungslandschaft“ vor Ort und die Themen, die die dortige Auseinandersetzung mit der Vergangenheit bestimmen, standen auf dem Programm. Neben unabhängigen Aufarbeitungsinstitutionen standen Termine mit staatlichen Einrichtungen, Gedenkstätten, Museen und Institutionen der historischen Bildungsarbeit.
Der ZEIT-Redakteur Christoph Dieckmann hat an unserer Studienfahrt teilgenommen und eine Reportage über das sowjetische Erbe und den Stalinkult in der Kaukasusrepublik geschrieben:
"Alles Rote haben wir entfernt" , ZEIT Online, 12.9.2018
Über die Sowjetzeit in Georgien und den Umgang mit dem Trauma des stalinistischen Terrors hat auch der Tagesspiegel-Redakteur Bernhard Schulz geschrieben:
Das Trauma des Großen Terrors , Taggesspiegel, 1.6.2018
2017 führte die mittlerweile 14. Studienfahrt vom 2. bis 10. August in die Russische Föderation. Im 100. Jahr nach der „Oktoberrevolution“ stand dabei im Fokus, wie dieser „Jahrestag“ im heutigen Russland erinnert wird, und wie unterschiedliche Akteure und Institutionen mit der Erinnerung an die von den Bolschewiki errichtete erste kommunistische Herrschaft und deren Massenverbrechen heute umgehen. Der Besuch von unabhängigen Aufarbeitungsinstitutionen stand ebenso auf dem Programm wie Gespräche in staatlichen Einrichtungen, Gedenkstätten, Museen und Institutionen der historischen Bildungsarbeit.
Die Reise begann in Sankt Petersburg mit Gesprächen mit Memorial St. Petersburg über ihre Arbeit und die aktuellen Herausforderungen im Hinblick auf die Erinnerungskultur im heutigen Russland. Ein Besuch auf dem Friedhof in Lewaschowo, wo rund 45.000 Menschen verscharrt worden sind, die zwischen 1937-1954 ohne Gerichtsverfahren dem stalinistischen Terrors zum Opfer gefallen waren, und hier in Massengräbern begraben waren, zeigte ebenso wie die Teilnahme an den Gedenkfeierlichkeiten in Sandormoch, wie aktuell und wirksam die stalinistischen Verbrechen bis heute sind und wie tief die Wunden in der Gesellschaft nach wie vor sind.
Die Fahrt zu den Solovki-Inseln, auf denen sich von 1923 bis 1938 das erste sowjetische Straflager befand, das als Modell des sowjetischen Lagersystems Gulag diente, war zweifelsohne der beeindruckende und bedrückende Höhepunkt der Reise. Wie bei anderen Stationen der Reise war auch dort bei vielen Gesprächen erkennbar, wie stark und manchmal geradezu unnachgiebig bis heute um die Deutung der Geschichte und vor allem um die Deutungshoheit in Russland gerungen wird. Die Teilnahme und Mitwirkung an der jährlichen Gedenkveranstaltung von Memorial für die Opfer des stalinistischen Terrors auf den Solovki-Inseln wird den Delegationsteilnehmern sicherlich in nachhaltiger Erinnerung bleiben.
Ein ausführlicher Bericht von Edda Ahrberg und Kai Langer von der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt kann als PDF heruntergeladen werden.
Die 13. Studienfahrt führte vom 29. Mai bis 5. Juni 2016 nach Serbien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina. Eine Region, die nicht erst seit den Bürgerkriegen in den 1990er Jahren und dem Massaker von Srebrenica in den Fokus der Öffentlichkeit geraten ist. Wie immer diente diese Fahrt dazu, die „Aufarbeitungslandschaft“ vor Ort kennen zu lernen und zu erfahren, welche Themen die dortige Auseinandersetzung mit der Vergangenheit bestimmen. Neben unabhängigen Aufarbeitungsinstitutionen besuchte die Delegation staatliche Einrichtungen, Gedenkstätten, Museen und Institutionen der historischen Bildungsarbeit, traf sich mit Kriegsveteranen und Vertretern von Opferverbänden und besuchte Museen und Erinnerungsorte.
Der Hauptteil der Studienfahrt fand in Bosnien und Herzegowina statt. Die Reise begann in Belgrad, führte von dort ins kroatische Vukovar, und anschließend nach Srebrenica, Sarajewo und Mostar in Bosnien und Herzegowina. Die Vielschichtigkeit und Komplexität der Geschichte des Balkan und der Umgang mit dieser Vergangenheit spiegelten sich im Programm wieder:
Vom 6.-13. September 2015 führte die 12. Studienfahrt in die Republik Moldau. In dem zwischen Rumänien und der Ukraine liegenden Land, das mit seiner unabhängigen Region Gagausien und der abgespaltenen Republik Transnistrien über zwei mögliche Konfliktfelder verfügt, zeigen sich bis heute die Folgen der kommunistischen Diktatur. Die Studienfahrt zeigte, wie schwierig die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit im Land ist und wie schwer es Initiativen haben, die sich dem Thema widmen, und es auch für nachfolgende Generationen zugänglich machen wollen. Die Delegation sprach in Chisinau mit Wissenschaftlern, mit dem Direktor des Staatsarchivs und dem Direktor des Nationalmuseums, besuchte in Mereni ein Museum für die Opfer der Deportationen, konnte bei einer Exkursion nach Transnistrien in einem Museum die dortige Sicht auf die kriegerische Auseinandersetzung um die Abspaltung Transnistriens von Moldova Anfang der 1990er Jahre erhalten.
Eine weitere Exkursion führte in das autonome Gebiet Gagausien. Auf dem Programm stand ein Besuch im Jüdischen Kulturzentrum KEDEM, an dessen Feierlichkeiten zum 10-jährigen Bestehen die Studiengruppe ebenso teilnehmen durfte, wie sie auch in einem langen Gespräch mit der Direktorin über die Situation der jüdischen Bevölkerung sprechen konnte.
2014 führte die Studienfahrt der Bundesstiftung Aufarbeitung wieder in ehemals kommunistisch regierte Länder: Vom 20. bis 27. August 2014 waren wir mit 23 Leitern von Museen und Gedenkstätten, mit Mitarbeitern von Aufarbeitungsinitiativen, Opferberatungsstellen und Stiftungen sowie mit Hochschullehrern, Wissenschaftlern und Mitarbeitern von Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur in Estland und Lettland unterwegs.
Wie in den Vorjahren war auch diese Studienfahrt dem Zweck gewidmet, die „Aufarbeitungslandschaft“ in diesen Staaten kennen zu lernen und Kontakte in Wissenschaft, Politik und Gesellschaft für künftige Kooperationen zu knüpfen. Der ausführliche Studienfahrtbericht kann hier nachgelesen werden.
Die 10. Studienfahrt der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur führte vom 23.-29. Juni 2013 nach Sofia, Bulgarien. In Bulgarien, das seit 2007 Mitglied der EU ist, gibt es mehrere Gesetze zur Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit (1944-1989) und zur Rehabilitierung ihrer Opfer. Im Jahr 2007 wurde zudem eine Kommission eingesetzt, die die Tätigkeit des bulgarischen Staatssicherheitsdienstes und seine Rolle in der Volksrepublik Bulgarien erforscht. Trotz dieser Rahmenbedingungen hat eine breite gesellschaftliche Aufarbeitung bisher nicht stattgefunden. Knapp 25 Jahre nach dem Zusammenbruch des Ostblocks gibt es in Bulgarien keine offiziellen Gedenkorte oder Museen, die sich kritisch mit der Zeit des Kommunismus auseinander-setzen und an ihre Opfer erinnern. In der Schule wird dieser Teil der bulgarischen Geschichte nur unzureichend vermittelt; die wissenschaftliche Forschung zum Thema weist noch zahlreiche Lücken auf.
Eine ausgeprägte Erinnerungskultur gibt es nicht. Die wenigen Erinnerungsorte und Projekte, die existieren, gehen hauptsächlich auf Initiativen von Privatpersonen und Opferverbänden zurück. Seit 2011 hat Bulgarien einen Staatspräsidenten, der – ungeachtet der Kontinuitäten in den politischen Parteien – die gesellschaftliche Aufarbeitung als sein persönliches Anliegen formuliert hat. Auf dieser 10. Studienfahrt bekamen die Vertreterinnen und Vertreter deutscher Gedenkstätten, Museen und Forschungseinrichtungen einen Eindruck davon, wie die Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit in Bulgarien in der Praxis funktioniert – und wo ihre Schwächen liegen. Einen ausführlichen Studienfahrtbericht können Sie hier nachlesen.
Auch wenn der Schwerpunkt der Studienfahrten auf der Zusammenarbeit mit ostmitteleuropäischen Partnern liegt, hat die Bundesstiftung Aufarbeitung 2012 die Aufmerksamkeit ganz bewusst auf ein westeuropäisches Beispiel der Diktaturaufarbeitung, auf Spanien, gelenkt. Im Rahmen der neunten Studienreise besuchten rund 25 Multiplikatoren aus Deutschland Institutionen und Gedenkorte, die sich mit dem spanischen Bürgerkrieg, der Franco-Diktatur und deren Überwindung beschäftigen bzw. an diese erinnern in Madrid, Salmanca und dem Valle des los Caídos.
Aus diesem Anlass erschien das Vademécum de Historia Contemporánea de España , das auf Spanisch und Englisch Archive, Bibliotheken, Forschungseinrichtungen, zeitgeschichtliche Vereinigungen und Opferverbände vorstellt. Mit dieser Initiative eröffnete die Bundesstiftung Aufarbeitung insbesondere den Institutionen der gesellschaftlichen Aufarbeitung in Deutschland neue Perspektiven und Kooperationsangebote, die in der Wissenschaft bereits seit den 1990er Jahren für vergleichende Studien als fruchtbar erachtet und verfolgt werden.
Die achte Studienreise der Bundesstiftung Aufarbeitung führte eine Gruppe von 25 Multiplikatoren bundesdeutscher Einrichtungen und Vereine 2011 nach Perm und Jekaterinburg in Russland. Gesprächspartner vor Ort waren u.a. Aktivisten der russischen Nichtregierungsorganisation Memorial und Vertreter weiterer zivilgesellschaftlicher Gruppen, die sich für eine Auseinandersetzung mit den stalinistischen Verbrechen und die Demokratisierung der russischen Gesellschaft einsetzen. Zum Besuchsprogramm gehörten ein Museum zum russischen Afghanistan-Krieg in Jekaterinburg, das von ehemaligen Soldaten betrieben wird, Gedenkstätten wie im ehemaligen KGB-Gefängnis in Perm, aber auch Ausstellungen zu zeithistorischen Themen in den Stadtmuseen sowie Gedenkorte und -zeichen.
Besondere Aufmerksamkeit kam dem im ehemaligen Lager Perm 36 eingerichteten Museumskomplex mit seinem Gulag-Museum zu. Dort fand zeitgleich mit dem Besuch der deutschen Delegation Ende Juli 2011 das Kulturfestival »Pilorama« statt, zu dem mehrere Tausend Teilnehmer aus ganz Russland und Europa angereist waren.
Im Mai 2010 führte die Studienfahrt rund 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer für eine Woche nach Albanien. Auf dem Besuchsprogramm standen u. a. die historische Fakultät der Universität Tirana, das albanische Staatsarchiv, das Dokumentationszentrum der Albanischen Vereinigung der Politisch Verfolgten, das Staatsmuseum, das eine kleine Abteilung über das Thema politische Repression unterhält, sowie eine ganztägige Exkursion zu ehemaligen Arbeitslagern im Umland. Darüber hinaus führte die Delegation Gespräche mit Parlamentsabgeordneten zu Fragen der Aufarbeitung der Diktatur und der noch immer offenen Lustration in Albanien, mit Vertretern der nationalen Rehabilitationsbehörde sowie mit einem Richter am Obersten Gericht.
Der Journalist Alfred Eichhorn begleitete die Studienreise und sprach vor Ort mit verschiedenen Personen über Albanien und seine Geschichte.