Biographische Angaben aus dem Handbuch der Deutschen Kommunisten:

Geboren am 8. November 1890 in Leipzig, sechstes Kind eines Eisenbahnassistenten, der vorher zwölf Jahre bei der königlich-sächsischen Armee gedient hatte und 1895 starb. Ernst Schneller besuchte das Lehrerseminar in Grimma, bestand 1911 die Schulamtskandidaten-Prüfung und war bis 1913 Hilfslehrer in der kleinen Stadt Kirchberg im Erzgebirge. Nach der Abschlußprüfung 1913 Lehrer an der vierten höheren Bürgerschule in Leipzig. Er meldete sich 1914 freiwillig, kam an die Front und wurde 1916 nach einem Ausbildungskurs für Offiziere Leutnant, später Oberleutnant, schließlich 1917/18 Bataillonsadjutant an der Ostfront. Bei Ausbruch der Revolution in den Soldatenrat gewählt, kam Schneller im Januar 1919 nach Sachsen zurück, war ab März 1919 Lehrer in Schwarzenberg/Erzgebirge. Die Linke protestierte im Gemeinderat zunächst gegen die Berufung eines Offiziers, zog den Protest aber zurück, als er der SPD beitrat. Schneller war bis April 1920 Mitglied der SPD und deren Stadtverordneter. Im Erzgebirge wurde dieser unpolitische, kleinbürgerliche Lehrer, der vor dem Kriege Nationalist war, radikalisiert. Während des Kapp-Putsches leitete er in Schwarzenberg die militärische Abwehr gegen die Kapp-Truppen, arbeitete dann eng mit den Kommunisten zusammen und trat zur KPD über, die ihn im November 1920 als Kandidat zur Landtagswahl aufstellte. Zunächst nicht gewählt, rückte er aber im April 1921 anstelle des ausgeschiedenen Abgeordneten Gottfried Weimer für die KPD in den Sächsischen Landtag nach. Bei der März-Aktion 1921 übernahm Schneller wieder militärische Aufgaben und sympathisierte 1921 einige Zeit mit der Levi-Gruppe. Ende 1921 zum UB-Leiter der KPD in Aue-Schwarzenberg gewählt, blieb aber Lehrer. Er lebte asketisch, war Abstinenzler und Anhänger der Brandler-Führung, die ihn 1923 mit der Leitung der Proletarischen Hundertschaften und anderen militärischen Aufgaben betraute.
Nach der Niederlage im Oktober 1923 schwenkte er sofort zur Mittelgruppe über, doch kurz vor dem Parteitag 1924 bekannte er sich zur Parteilinken, kam als Delegierter zum IX. Frankfurter Parteitag und wurde dort erstmals in die Parteizentrale gewählt. Im Dezember 1924 zog Schneller auch in den Reichstag ein, dem er ununterbrochen bis 1933 angehörte. In der KPD-Zentrale wurden ihm wichtige militärische und organisatorische Aufgaben übertragen. Im November 1924 aus dem Schuldienst entlassen, kam er als hauptamtlicher Funktionär nach Berlin. Schneller leitete als Anhänger der Ruth-Fischer-Führung sehr bald die theoretische Arbeit und die Agitation der KPD. Nachdem die Ultralinken und mit ihnen Karl Korsch im Frühjahr 1925 in einen Gegensatz zur Zentrale gerieten, wurde Schneller Herausgeber der theoretischen Zeitschrift »Internationale« und Leiter der »Marxistisch-leninistischen Zirkel«. Er machte sich einen Namen als Hauptvertreter des »Kampfes gegen den Trotzkismus und Luxemburgismus«. Auf dem X. Parteitag 1925 erstattete er den Bericht der Zentrale und galt als »Generalsekretär« der Partei, obwohl es diese Funktion offiziell nicht gab. Nach dem »Offenen Brief« 1925 wechselte Schneller sofort zur neuen Thälmann-Führung, aber seine ständigen Schwenkungen riefen viel Kritik hervor. Bucharin soll ihn sogar als das »politisch charakterloseste Subjekt« der KPD bezeichnet haben; die Opposition meinte höhnisch, Schneller spiele nur deshalb eine wichtige Rolle, weil er »klüger als Ernst Thälmann und fleißiger als Philipp Dengel« sei.
Auch in der neuen Führung erhielt er eine bedeutende Position, ging im März 1927 als Polleiter in den Bezirk Erzgebirge-Vogtland, um die dortige linke Gruppe um Paul Bertz und Heinrich Wesche zu isolieren. Vom XI. Parteitag 1927 wieder ins ZK und auch wieder ins Polbüro gewählt, kam er im Oktober 1927 als einer der vier Mitglieder des Politsekretariats zurück nach Berlin. Delegierter des VI. Weltkongresses der Komintern 1928, der ihn zum Kandidaten des EKKI berief. Am 26. September 1928 leitete Schneller die ZK-Sitzung, die beschloß, Ernst Thälmann wegen der Wittorf-Affäre als Parteichef abzusetzen. Nachdem Thälmann von Stalin rehabilitiert wurde, mußte Schneller für seine Abweichung büßen, wurde sofort aus dem Polbüro entfernt, 1929 auf dem XII. Parteitag auch nicht mehr ins ZK gewählt und in die Geschäftsabteilung des ZK abgeschoben, dort für Partei-Druckschriften verantwortlich. Seit Jahren wegen seiner militärpolitischen Arbeit in der KPD und im RFB bekannt, gehörte er zu den gefährdeten Funktionären der Partei. Nach der 3. Parteikonferenz im Oktober 1932 erneut zu Führungsaufgaben herangezogen, leitete er die Agitpropabteilung des ZK und wurde wieder in das ZK berufen. Dort übernahm er die Informationsabteilung und kam auch ins Polbüro. Er war Teilnehmer der Funktionärssitzung in Ziegenhals am 7. Februar 1933.
Als Schneller in der Nacht des Reichstagsbrandes vom 27. auf den 28. Februar 1933 – entgegen einem Parteibeschluß – bei seiner Familie weilte, wurde er verhaftet und kam ins Gefängnis Alt-Moabit. Die Polizei streute sofort das Gerücht, er sei zur NSDAP übergelaufen und habe Thälmann verraten. Und diese Zwecklüge fand in KPD-Kreisen anfangs sogar Glauben. Schneller wurde ins KZ Sonneburg gebracht, im November 1933 zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt, die er im Zuchthaus Waldheim verbüßte. Danach im Juni 1939 ins KZ Sachsenhausen eingeliefert, gehörte er dort zur Führung der illegalen KPD. Ernst Schneller wurde am 11. Oktober 1944 zusammen mit 26 anderen Häftlingen von der SS erschossen.
Sein Bruder Wilhelm Schneller (* 23. 7. 1894 – † 7. 12. 1979) war ebenfalls aktiver KPD-Funktionär, von 1924 bis 1930 Stadtverordneter in Leipzig und einige Zeit Ultralinker, wurde 1933 gemaßregelt und aus dem Schuldienst entlassen. 1945 zunächst Lehrer in Leipzig, ab 1950 Abteilungsleiter im Ministerium für Volksbildung der DDR. Von Juli 1955 bis zu seinem Ausscheiden 1960 leitete er die Pressestelle im Volksbildungsministerium.

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