„Im völkerrechtlichen Sinn wird der Terminus ‚Auslieferung‘ als Übergabe eines Ausländers an seinen Heimatstaat oder an einen dritten Staat definiert“, betont Hans Schafranek: „Bei dem im November 1939 ausgehandelten Verfahren handelte es sich demnach zweifellos um Auslieferungen, unabhängig davon, ob die Betroffenen ‚freiwillig‘ nach Deutschland zurückkehrten oder – zum Teil mit physischer Gewalt – dazu gezwungen werden mussten.“ (Vgl. Schafranek, Zwischen NKWD und Gestapo, S. 58)

Zu der früher umstrittenen Frage, ob die Auslieferung von Kommunistinnen und Kommunisten an das NS-Regime ein „Geschenk“ Stalins an Hitler gewesen sei – wie das im Anschluss an den Bericht von Margarete Buber-Neumann, „Als Gefangene bei Stalin und Hitler“, immer wieder geschrieben wurde – hat sich auch der Autor wiederholt geäußert. In seinem Beitrag „Eine ‚Morgengabe‘ Stalins an den Paktfreund Hitler? Die Auslieferung deutscher Emigranten an das NS-Regime nach Abschluss des Hitler-Stalin-Pakts – eine zwischen den Diktatoren arrangierte Preisgabe von ‚Antifaschisten‘?“ in der Zeitschrift des Forschungsverbundes SED-Staat (Nr. 20/2006, S. 57-84), ist er zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Spekulationen keine historische Grundlage haben. Da dessen ungeachtet in der Literatur weiterhin vielfach von der vor allem auf Margarete Buber-Neumann zurückgehenden Legende ausgegangen wird, veröffentlichte der Autor eine wesentlich erweiterte und ergänzte Darstellung. Vgl. Wilhelm Mensing: Eine „Morgengabe“?  Die sowjetische Auslieferung deutscher Emigranten an das NS-Regime nach Abschluss des Hitler-Stalin-Pakts (in: Uwe Backes/Alexander Gallus/Eckhard Jesse (Hg.), Jahrbuch Extremismus & Demokratie, 23. Jg. 2011, S. 37-65).

Bis zum Sommer 1939 hatte bereits ein Großteil deutscher Reichsangehöriger, die seit Ende der 1920er bzw. Anfang der 1930er Jahre aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen in die Sowjetunion gegangen waren, diese freiwillig oder auch unfreiwillig verlassen. Die NS-Behörde hatten bis zu diesem Zeitpunkt ca. 4.300 Russlandrückkehrer erfasst. Davon waren mehr als 600 überwiegend inhaftierte Personen von den sowjetischen Behörden nach Deutschland ausgewiesen worden (Vgl. Schafranek, a.a.O., S. 89 u. 39).

Zurückgeblieben waren, außer kommunistischen Politemigranten, vor allem Verurteilte bzw. Inhaftierte (in einigen Fällen erst nach dem Abschluss des Paktes Verurteilte) und Ehefrauen Russlanddeutscher und deutscher Wirtschaftsemigranten, die zwar durch Heirat die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hatten, aber aus der sowjetischen Staatsangehörigkeit zunächst nicht entlassen worden waren. Die beträchtliche Zahl der angenommenen Entlassungsanträge, zum erheblichen Teil schon 1938 und teilweise kurzfristig gestellt, fällt auf.

Die Ausweisung bzw. Auslieferung von Emigrantinnen und Emigranten zwischen August 1939 und Juni 1941 ist, wie erwähnt, zwar auf vielfache Weise wissenschaftlich bearbeitet worden. Allerdings ist bisher keine vollständige Liste der nach Deutschland ausgewiesenen, ausgelieferten bzw. der mehrere Hundert in dieser Zeit (relativ) frei ausgereisten Personen bekannt.

Eine solche - vor allem hinsichtlich der frei Ausgereisten noch nicht vollständige - Liste findet sich auf dieser Seite. Die Zusammenstellung ist chronologisch nach Namen geordnet.

Alle Listen folgen den Originalen, die Dr. Wilhelm Mensing recherchiert, erarbeitet, laufend ergänzt und für die Veröffentlichung freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat.

Wilhelm Mensing nimmt Hinweise, Ergänzungen, Korrekturen und Anfragen zu allen biographischen Zusammenstellungen per E-Mail dankbar entgegen.