Der US-amerikanische Historiker Stephen Kotkin wird in seinem Vortrag am 27. April über den „Großen Terror“ in der Sowjetunion sprechen, der zwischen 1936 und 1938 Hunderttausende Menschen das Leben kostete. Die sowjetische Geheimpolizei selbst protokollierte 1 575 259 Verhaftungen und 681 692 Exekutionen – die Gesamtzahl der unmittelbar in den Händen der Staatsgewalt umgekommenen Personen dürfte allerdings bei bis zu 830 000 Menschen liegen.

Wie war eine solche Vernichtung von Menschleben möglich, zumal es sich bei den Opfern nicht um ideologische Gegner, sondern um die Eliten der Sowjetunion oder – in der Mehrzahl – um einfache Sowjetbürger handelte? Wäre es zum Vergleich in Hitlers NS-Staat möglich gewesen, große Teile des Führungspersonals in Industrie und Landwirtschaft umzubringen sowie die Mehrheit der regionalen Parteielite, der Armee einschließlich ihrer gesamten Generalität, der Ministerialbürokratien und der Diplomaten sowie nicht zuletzt der Geheimpolizei selbst? Hätte man der Bevölkerung weismachen können, dass große Teile des neuen, nachrevolutionären Führungspersonals tatsächlich ausländische Agenten und Saboteure waren? Anhand dieser Fragen will sich der derzeit in Princeton lehrende Kotkin mit dem „Mysterium“ des stalinistischen Terrors auseinandersetzen und die Besonderheiten der kommunistischen Diktatur herausstellen.

Neben seinem Lehrstuhl für Geschichte und Internationale Beziehungen an der Princeton University ist Prof. Stephen Kotkin Research Fellow des Hoover Instituts an der Stanford University. 2014 erschien der erste Band einer geplanten dreiteiligen Stalin-Biografie unter dem Titel „Paradoxes of Power 1878-1928“, die international viel Beachtung fand. Durch seine bereits in den 1980er-Jahren begonnene intensive Auseinandersetzung mit der Sowjetunion gilt Kotkin heute als einer der führenden Kenner des russischen Kommunismus.

Vortrag: Stalin´s Great Terror (1936-1938): a Mystery?

Lehrstuhl Geschichte Osteuropas der Humboldt-Universität zu Berlin, IGK „Arbeit und Lebenslauf in globalgeschichtlicher Perspektive“ (re:work), Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur

Datum: 27. April 2017

Uhrzeit: 18 Uhr

IGK „Arbeit und Lebenslauf in globalgeschichtlicher Perspektive“ (re:work) | Georgenstraße 23 (6. OG) | 10117 Berlin

Der Vortrag wird in Englisch gehalten, eine Übersetzung ist nicht vorgesehen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich, der Eintritt ist frei.