Wie und in welchem Umfang schlagen sich die politischen und gesellschaftlichen Umbrüche in privaten Fotografien aus dem letzten Jahrzehnt der DDR und dem ersten nach der Wiedervereinigung nieder? Für das Projekt führten wir im Sommer 2020 in elf ostdeutschen Städten Gespräche mit mehr als 50 Gesprächspartner:innen, die uns Fotoalben, Schmalfilme und Dias aus der Zeit zwischen 1980 und 2000 zeigten und Geschichten dazu erzählten.
Und während sie stets betonten, wie tief die Veränderungen von 1989/90 in ihre Leben eingriffen, war davon in den privaten Bildmedien fast nichts zu sehen. Den glücklichen Dreiklang von Kindern, Festen und Urlaubsreisen stören allenfalls nur subtile Dissonanzen, wenn etwa schon auf den weihnachtlichen Gabentischen von 1989 mehr Westwaren liegen oder die fröhlichen Badeszenen nicht mehr am Plattensee, sondern an der Costa del Sol aufgenommen werden. Diese Bildmedien, so scheint es, wurden – und werden – vor allem eingesetzt, um die private Sphäre der Familie noch dann zu schützen und zu stabilisieren, wenn gleichzeitig eine ganze gesellschaftliche Ordnung zerfiel.
Das Projekt wird 2021 fortgesetzt – wir werden weitere Albengespräche führen, doch vor allem werden wir die Aufnahmen der Gespräche weiter auswerten. Denn neben den zeithistorischen Kontexten haben wir auch danach gefragt, wie sich die privatfotografischen Praktiken von der ersten Aufnahme mit der ersten Kamera über die Albenproduktion bis zur Lektüre oder Vorführung der Bilder gestalteten. Ende des Jahres wird eine Ausstellung in den Reinbeckhallen Alben und andere Bildmedien, die Videoaufnahmen der Gespräche und die Forschungsergebnisse zusammenführen.
Weiterführende Information:
www.stiftung-reinbeckhallen.de/privatefotografie/
Telefonnummer: 0151 10409096