Biographische Angaben aus dem Handbuch der Deutschen Kommunisten:
Geboren am 15. August 1892 in Königsberg, Sohn eines Sanitätsrats und Militärarztes; besuchte das humanistische Gymnasium, begann nach dem Abitur ein Medizinstudium. 1914 Kriegsfreiwilliger, ab 1917 Leutnant, fünfmal verwundet. Im Oktober 1918 Eintritt in die USPD. Am 9. November stürmte Wollenberg »als einziger Offizier an der Spitze der feldgrauen Massen« das Generalkommando und das Militärgefängnis in Königsberg, wurde Chef des Sicherheitsdienstes des Arbeiter- und Soldatenrates Ostpreußen und Führer der Matrosenvolkswehr. Rücktritt am 1. Januar 1919 aus Protest gegen die Aufstellung von Freiwilligenverbänden und deren Einsatz im Kampf gegen die sowjetische Revolution im Baltikum. Übersiedlung nach München, Fortsetzung des Studiums. Während der Bayerischen Räterepublik (April 1919) war Wollenberg militärischer Führer der Roten Nordarmee (Dachau). Nach der Niederschlagung der Räterepublik zu zwei Jahren Festung verurteilt, bis März 1922 inhaftiert. Im April 1922 Volontär der Berliner »Roten Fahne«, ab Juli 1922 Chefredakteur der »Roten Fahne des Ostens« in Königsberg. Im April 1923 Redakteur der KPD in Bochum, im Mai (unter dem Pseudonym Walter) Leiter des dortigen Maiaufstands, dann Redakteur in Hamborn. Kurze Zeit Orgleiter der KPD im Ruhrgebiet.
Im August 1923 zum »Militär-Politischen Oberleiter Süd-West« ernannt (als Walter), deswegen Strafverfolgung wegen Vorbereitung des bewaffneten Aufstandes, Sprengstoffattentate usw. Ende April 1924 zur »Ersten deutschen Militärschule beim Generalstab der Roten Armee« nach Moskau delegiert. Er veröffentlichte dort ein Buch über die Bayerische Räterepublik (russisch). Im Herbst 1924 Eintritt in die Rote Armee im Range eines Brigadekommandeurs (Brigadegeneral), im Sommer 1926 nach Moskau zur Ersten Proletarischen Division (Gardedivision der Kaderarmee) versetzt. Wollenberg kehrte im Februar 1927 illegal nach Deutschland zurück, kurz Chefredakteur der Saarbrücker »Arbeiterzeitung«. Danach wissenschaftliche Arbeit am Moskauer Marx-Engels-Institut, Leiter des dortigen Militärkabinetts. Ab 1928 Professor für Geschichte der Arbeiterbewegung des Westens an der Internationalen Leninschule.
Nach der Herbstamnestie 1930 seit April 1931 wieder in Deutschland, militärischer Leiter des illegalen RFB, Chefredakteur der »Roten Front«. Auf einer als »Kommunalkonferenz« getarnten RFB-Konferenz in Schlesien im November 1931 verhaftet, wurde Wollenberg im Februar 1932 vorläufig freigelassen. Im März 1932 innenpolitischer Redakteur der »Roten Fahne«, kritisierte er in mehreren Schreiben an das ZK sowohl den RFB als auch die Berliner BL, die damals unter der Führung von Walter Ulbricht stand. Dafür erhielt er eine »Parteirüge« und wurde aus der Redaktion der »Roten Fahne« entlassen. Bei den in Berlin-Britz lebenden Erich und Zenzl Mühsam, die er seit seiner Münchner Zeit und der gemeinsamen Festungshaft in Niederschönenfeld kannte, fand Wollenberg Unterkunft, entfernte sich von der Politik der KPD-Führung. Da mit Haftbefehl gesucht, ging er Ende 1932 wieder in die Sowjetunion und kam zur VAA in Moskau. Dort diskutierte er in der Wohnung von Else und Hermann Taubenberger nach den Radio-Nachrichten am Abend des 5. März 1933 mit einstigen Mitkämpfern der Münchner Räterepublik über die Ergebnisse der Reichstagswahlen in Deutschland und die Ursachen für die Niederlage der deutschen Arbeiterklasse. Diese Zusammenkunft wurde als Fraktionstreffen denunziert und Wollenberg vor die Internationale Kontrollkommission (IKK) geladen.
Wegen seiner Kritik am ZK der KPD wurde er zusammen mit Felix Wolf ( Werner Rakow) am 4. April 1933 von der IKK der Komintern aus der Partei ausgeschlossen. Im Juli 1934 gelang Wollenberg die Flucht nach Prag, im Herbst 1938 nach Paris. Er wurde sowohl durch den Apparat der KPD (Mordanschlag) und die Gestapo verfolgt, arbeitete für antinazistische Zeitungen und Zeitschriften und veröffentlichte das Buch »The Red Army« (1938 und 1940) in London. Der Verhaftung durch die Gestapo entging er 1940 durch Flucht nach Marokko, wurde dann aber von der Vichy-Polizei in Casablanca verhaftet. Nach acht Monaten Untersuchungshaft stellte das Kriegstribunal das Verfahren (angebliche »kommunistische Tätigkeit und Verherrlichung des Sowjetregimes«) ein und verfügte seine sofortige Freilassung. Die zivile Vichy-Verwaltung in Marokko überführte ihn aber in ein Straflager am Rande der Wüste in Ostmarokko.
Die Landung der Alliierten im November 1942 verhinderte seine Auslieferung an die Gestapo. Wollenberg arbeitete für französische Zeitungen und Zeitschriften in Marokko und Algier und forderte 1943 in einem Buch die Schaffung einer »Europäischen Föderation, der Vereinigten Staaten Europas unter Einschluß des demokratischen Deutschlands«. Im April 1946 nach Paris repatriiert, kam Wollenberg im Sommer 1946 nach Bayern. Er wurde Leiter der Außenpolitikredaktion der Zeitschrift »Echo der Woche«, trat 1951 aus der Redaktion aus und lebte als freier Journalist von 1954 bis 1959 in Paris, danach in München. Von ihm erschienen zahlreiche antistalinistische Arbeiten, u. a. zu den Legenden der DDR über Ernst Thälmann in einem DEFA-Film. Erich Wollenberg starb am 6. November 1973 in München.
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