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Konferenz | 59-90 Zgorzelec, Polen
Ort der Veranstaltung

Dom Kultury Zgorzelec
Parkowa 1
00000 59-90 Zgorzelec, Polen

Der von den kommunistischen Machteliten Polens und der DDR Anfang der 1950er Jahre begründete politische Mythos der „Oder-Neiße-Friedensgrenze“ („Odra i Nysa – Granica Pokoju“) ist 1989/90 gemeinsam mit dem Kommunismus in Europa untergegangen. Erinnerungskulturell ist dieser Mythos mitsamt seiner Wirkungsgeschichte – den vielfältigen Deutungsmustern, Wahrnehmungen und Narrationen der Grenzbevölkerung – jedoch bis heute kaum aufgearbeitet worden. Und das weder von deutscher noch von polnischer Seite. Anfang Juli 2015 jährte sich die Unterzeichnung des Görlitzer Vertrags (Układ Zgorzelecki) zum 65. Mal, ohne dass dieses Ereignis in der Öffentlichkeit auf irgendein Interesse gestoßen wäre. Dabei markiert die in Zeiten des Kommunismus zwischen den beiden „Bruderländern“ bestehende Grenze einen vielschichtigen und überaus spannenden lieu de memoire. In besonderer Weise offenbart sich diese Grenze als ein im kollektiven Gedächtnis verankerter symbolischer Ort in der Stadt Görlitz/Zgorzelec. Denn an kaum einem anderen Ort werden die Verflechtungen der rund 40 Jahre andauernden Geschichte zwischen Polen und der DDR deutlicher als in diesem Grenzraum.

Das erste Panel widmete sich der Frage nach den verschiedenen Formen einer nationalen sowie transnationalen und europäischen Erinnerungskultur über den Grenzraum Görlitz/Zgorzelec. Unter anderem soll hier diskutiert werden, welchen Platz Görlitz und Zgorzelec als „Stadt der Vertriebenen“ in den Erinnerungskulturen der Einwohner beiderseits der Neiße eingenommen hat, welche Kontinuitäten und Brüche in den verschiedenen regionalen Identitätserzählungen für die Zeit des Kommunismus vorherrschend waren und inwiefern diese Narrative in heutiger Zeit eine eher trennende oder vergemeinschaftende Funktion erfüllen. Das zweite Panel beschäftigte sich mit der Grenze zwischen Görlitz und Zgorzelec aus der subjektiven Perspektive der in diesem Grenzraum lebenden Einwohner. Zeitzeugen erinnerten sich und schilderten ihre mit der Grenze in kommunistischer Zeit gemachten Alltagserfahrungen, wobei sie sich nicht nur auf die transnationalen Kontakte, Verbindungslinien und Kooperationen, sondern auch auf die Widersprüche und Konfliktfelder konzentrierten. Im Mittelpunkt dieses Panels stand die Frage nach einer funktionalen Kommunizierbarkeit der gemeinsam erlebten Geschichte der Grenze – und zwar als einem diskursiven Aushandlungsprozess der in Görlitz und Zgorzelec lebenden Menschen selbst. Das dritte Panel fragte aus einer praxistheoretischen Sicht nach den Problemen, Methoden und Themen sowie den Herausforderungen, Erwartungen und Potenzialen der (musealen) Repräsentation deutsch-polnischer Ausstellungen am Beispiel der Stadt Görlitz/Zgorzelec. Ausgangspunkt dieses Panels war die Frage, auf welche Weise die Kategorie „Raum“ als emergenter Aspekt des Sozialen in historischen Ausstellungen darstellbar ist. Vor allem hier sollten praxistheoretische mit raumtheoretischen Ansätzen verknüpft werden.

Die Konferenz war Teil des von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur getragenen Austauschprogramms „Memory Work“ und ein Kooperationsprojekt zwischen dem Lehrstuhl für Europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts (Prof. Dr. Thomas Mergel) an der Humboldt-Universität zu Berlin und dem Instytut Zachodni (Westinstitut) in Poznań (Dr. Michał Nowosielski) und wurde durch die Deutsch-Polnische Wissenschaftsstiftung (DPWS) und die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefördert.

Das vollständige Programm finden Sie hier.

Veranstalter
Bundesstiftung Aufarbeitung
Instytut Zachodni Poznan
Dom Kultury Zgorzelec
Deutsch-polnische Wissenschaftsstiftung
Thema
Kommunismusgeschichte