Schwerpunkt des Jahrbuchs für Historische Kommunismusforschung 2018 ist die Stalinisierung der kommunistischen Bewegung, die anhand biografischer Studien nachgezeichnet wird. Damit erinnert der Band nicht zuletzt an Leben und Werk seines Begründers Professor Hermann Weber, der am 23. August 2018 seinen 90. Geburtstag gefeiert hätte. Das Jahrbuch erschien am 5. März.
Nach der Oktoberrevolution 1917 war der Sozialrevolutionär Isaac Steinberg drei Monate lang Volkskommissar für Justiz, bevor er zum erbitterten Gegner der Bolschewiki wurde. Der deutsche Rätekommunist Ernst Däumig führte die „unabhängigen Sozialdemokraten“ von der USPD 1920 in die neu gegründete Kommunistische Partei Deutschlands. Gemeinsam mit Paul Levi wurde Däumig Vorsitzender der Partei, mit der beide Funktionäre bereits 1921 brachen. Weitere Porträts widmen sich dem österreichischen Kommunisten Josef Strasser, dem Komsomolchef Alexandr Kosarev, der in den 1930er-Jahren seine Machtbasis mithilfe des Fußballs zu vergrößern suchte, Leo Kofler, Stalinismuskritiker mit einer explizit marxistischen Perspektive, sowie Zbigniew Iwanów, einem einsamen Rebellen in der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei von 1980/81.
Konträre Positionen diskutieren die Stalinisierungsthese Hermann Webers und werden durch einen Beitrag zum umfangreichen Nachlass des Wissenschaftlers in der Bundesstiftung Aufarbeitung ergänzt. Fallstudien über die KPD-Fraktion im Landtag von Thüringen in den Jahren zwischen 1920 bis 1933 sowie über das Parteikontrollkomitee beim Zentralkomitee der KPdSU runden den Schwerpunkt ab.
Ulrich Mählert, Matthias Middell (Gastherausgeber der Ausgabe 2019), Jörg Baberowski, Bernhard H. Bayerlein, Bernd Faulenbach, Peter Steinbach, Stefan Troebst, Manfred Wilke (†), im Auftrag der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Thomas Wegener Friis (Odense) • Stefan Karner (Graz) • Mark Kramer (Cambridge, MA) • Norman LaPorte (Pontypridd) • Krzysztof Ruchniewicz (Wrocław) • Brigitte Studer (Bern) • Krisztián Ungváry (Budapest) • Alexander Vatlin (Moskau)
Das 1993 von Hermann Weber in Mannheim begründete und seit 2004 im Auftrag der Bundesstiftung Aufarbeitung herausgegebene Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung ist die wichtigste deutschsprachige Plattform der deutschen und internationalen historischen Kommunismusforschung.
Metropol Verlag Berlin, 224 Seiten, 25 Abbildungen, 29,00 €, ISSN 0944-629X, ISBN 978-3-86331-384-5
For “Red October”, against the Bolsheviks: Isaac Steinbergʼs struggle for a socialism with a human face
// von Tobias Grill
Party chairman for three months: Ernst Däumig (1866–1922) and the council system
// von Volker Stalmann
Parliamentary Integration versus Stalinization? The KPD-faction in the parliament of Thuringia 1920–1932
// von Timo Leimbach
“It is necessary to speak clearly and frankly.” Josef Strasser (1870–1935): a democratic communist in Austria
// von Gabriella Hauch
The secretary general of the Komsomol: Alexandr Kosarev as patron of the Soviet football
// von Peter Kaiser
The Party Control Committee and De-Stalinization. On the normalization of the Communist Party’s political culture after 1953
// von Jochen Krüger
Leo Kofler’s ideological critique of Stalinism and its origins in the early GDR
// von Christoph Jünke
Alone against the Party. Zbigniew Iwanów – the rebel in the Polish United Worker’s Party 1980/1981
// von Jakub Szumski
Hermann Weber and the Stalinization of German communism: a history of its scholarly impact
// von Marcel Bois
Democratic beginnings? The early KPD and the false premise of the Stalinization thesis
// von Marcus Schönewald
A report on the acquisition of the estate of Professor Dr. Dr. h.c. Hermann Weber by the Federal Foundation for the Study of the Communist Dictatorship in Eastern Germany
// von Thomas Drerup
From Revolutionary Camps to the Soviet Gulag: paths to the Soviet penal system
// von Zhanna Popova