Erinnerungsorte in Sachsen

Die am 17. Juni 1996 eingeweihte Gedenktafel am ehemaligen Ort des Demonstrationsgeschehens soll einen Beitrag zur politischen und moralischen Wiedergutmachung leisten.
Die am 17. Juni 1996 eingeweihte Gedenktafel am ehemaligen Ort des Demonstrationsgeschehens soll einen Beitrag zur politischen und moralischen Wiedergutmachung leisten. © Bundesstiftung Aufarbeitung

Delitzsch. Auch im Herzen des sächsischen Industriegebiets, in der Stadt Delitzsch, kam es im Frühsommer 1953 zu Massenprotesten. Dem Aufstand war die im Februar vom ZK der SED ausgelöste Kampagne „Feldzug für strenge Sparsamkeit – Der Kampf um fortschrittliche technische Normen“ vorausgegangen. Unter dem Schein der Freiwilligkeit dazu genötigt, verpflichteten sich auch die Arbeiter des Reichsbahnausbesserungswerkes (RAW) Delitzsch am 12. April 1953 zu höheren Arbeitsleistungen. Als zum 1. Juni 1953 die Arbeitsnormen ohne Einkommenszuwachs festgelegt werden, eskalierte der Unmut.

Am Morgen des 17. Juni, als tausende Delitzscher Arbeiter und Angestellte bei ihren Arbeitsstellen in Bitterfeld, Wolfen, Leipzig und Halle eintrafen, standen viele vor verschlossenen Werkstoren, hinter denen die Nachtschicht streikte. Mittags kehrten die ersten Arbeiterzüge aus Bitterfeld mit hunderten Pendlern zurück, die sich zu einer Demonstration vor der SED-Kreisleitung formierten. In Sprechchören forderten sie die Funktionäre zum Gespräch. Als 300 Personen versuchten, in das Gebäude einzudringen, wurden sie von sowjetischen Soldaten zurückgedrängt. Der Protestmarsch zog zum Volkspolizeikreisamt (VPKA) in der Dübener Straße (heute Oscar-Reime-Gymnasium).

Dort forderten 500 Demonstranten: „Gebt die Gefangenen heraus“, und meinten damit auch die vor dem 17. Juni wegen Nichterfüllung des Ablieferungssolls verhafteten Bauern. Die Lage spitzte sich weiter zu, als neue Arbeiterzüge aus Bitterfeld und Leipzig in Delitzsch eintrafen. Nach einigen Warnschüssen wurden aus dem oberen Stockwerk des VPKA Schüsse in die Menschenmenge vor der Schokoladenfabrik Böhme abgefeuert. Zwei junge Männer, der Maurer Joachim Bauer und der Maschinenschlosser Gerhard Dubielzig, innerhalb dieses Protestzuges mehr Zuschauer als Handelnde, fanden den Tod. Zwei andere Personen wurden verwundet: ein 14-jähriger Junge mit einem Schulterdurchschuss sowie ein Mann, der nach seinem Krankenhausaufenthalt am 11. August verhaftet und verurteilt wurde. Bald fuhren vier sowjetische Panzer auf, und der Militärkommandant im Kreis Delitzsch verhängte den Ausnahmezustand. In der Nacht kam es zu weiteren Verhaftungen. Die Kollegen des erschossenen Gerhard Dubielzig im RAW Delitzsch sammelten am 18. Juni Geld für die Hinterbliebenen und legten den verwaisten Arbeitsplatz mit schwarzem Papier aus. Darauf stellten sie brennende Kerzen, Blumen und ein Bild des Toten. In der Nacht musste der Vertrauensmann der Gewerkschaft das gespendete Geld an die Sicherheitskräfte aushändigen; erst nach heftigen Protesten der Arbeitskollegen erreichte die Geldspende die Familie. Die Leiche von Gerhard Dubielzig wurde nach Leipzig überführt, ohne dass die Eltern ihren toten Sohn nochmals sehen konnten. Am 24. Juli fand die Urnenbeisetzung statt, an der die Arbeitskollegen nicht teilnehmen durften. Erst am 31. Juli konnte die Familie Dubielzig den Tod ihres 19-jährigen Sohnes in der Zeitung anzeigen. Ähnlich erging es der Familie Bauer in Brodau, die erst im August die stille Beisetzung des 20-jährigen Joachim in der Leipziger Volkszeitung bekannt geben und damit öffentlich den Kollegen des jungen Maurers in der Delitzscher Firma Martin Zschernitz sowie der Belegschaft des VEB Böhme für Geld- und Kranzspenden danken konnten. Im Juli 1953 verurteilte das Bezirksgericht Leipzig mehrere Bürger aus dem Kreis Delitzsch wegen „Boykotthetze“ und „Zusammenrottung“ zu einem Jahr bzw. wegen „Propaganda für den Nationalsozialismus“ zu sieben Jahren Zuchthaus. Der Generalstaatsanwalt in Berlin kassierte jedoch einige dieser Urteile und nach neuen Verhandlungen wurden höhere Zuchthausstrafen ausgesprochen. Insgesamt waren in Delitzsch und umliegenden Orten 28 Menschen unmittelbar von den Vorgängen am 17. Juni und den Folgen betroffen. 24 Personen wurden als „Konterrevolutionäre“ zu insgesamt 41 Jahren und sechs Monaten Zuchthaus bzw. 44 Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Es handelte sich um einfache Arbeiter, drei Angestellte, zwei Minderjährige und zwei Frauen. Die damaligen Urteile wurden inzwischen von den Rehabilitierungsgerichten aufgehoben.

Am 17. Juni 1996, 43 Jahre nach dem Volksaufstand, wurde in Delitzsch eine Gedenktafel für die Opfer enthüllt. Die auf Beschluss des Stadtrates am Ort des Geschehens gegenüber dem ehemaligen VPKA am Gebäude der Schokoladenfabrik Böhme angebrachte Tafel soll zur moralischen und politischen Wiedergutmachung und zur öffentlichen Rehabilitierung der Opfer des 17. Juni in Delitzsch beitragen. Auf der Tafel ist eine Inschrift angebracht.

Inschrift

Gegen das Vergessen / An dieser Stelle wurden / während des Volksaufstandes / am 17. Juni 1953 / Joachim Bauer * 04. Mai 1933 / Gerhard Dubielzig * 29. März 1934 / erschossen

Standort

Delitzsch, Dübener Straße 33

 

Dresden. In Dresden begann der Aufstand am 17. Juni 1953 den SAG (Sowjetische Aktiengesellschaft) Sachsenwerken in Niedersedlitz, dem damals größten Industriebetrieb Dresdens, und erfasste innerhalb kurzer Zeit den VEB ABUS (Ausrüstungen und Getriebe für die Schwerindustrie). Hier war es Wilhelm Grothaus, der mit seinen Forderungen nach einem Rücktritt der Regierung, freien und geheimen Wahlen, Freilassung politischer Gefangener, Senkung der Lebensmittelpreise und Verbesserungen in der Sozialfürsorge den Arbeiteraufstand anführte. Große Teile der Bevölkerung Dresdens solidarisierten sich mit den Arbeitern des VEB ABUS und zogen gemeinsam mit ihnen und Arbeitern aus weiteren Betrieben in das Zentrum Dresdens, auf den Postplatz. Daraufhin verhängte der sowjetische Stadtkommandant Bogdanow ab 14 Uhr den Ausnahmezustand und der Postplatz wurde von der Kasernierten Volkspolizei und sowjetischen Militärs abgeriegelt. Als aufgebrachte Demonstranten das Post- und Telegrafenamt stürmen wollten, wurde geschossen. Die Kundgebungen und Streiks hielten jedoch an und konnten erst am nächsten Tag vollständig unterbunden werden. In der Nacht zum 18. Juni wurden die ersten sechs Mitglieder der Streikleitung verhaftet, darunter Wilhelm Grothaus. 1993 wurde auf Beschluss der Stadtverordnetenversammlung anlässlich des 40. Jahrestages des Volksaufstandes eine Gedenktafel am Postplatz angebracht. Zehn Jahre später, zum 50. Jahrestag des Volksaufstandes, wurde am 17. Juni 2003 die Hennigsdorfer Straße am Sachsenwerk in „Straße des 17. Juni“ umbenannt. 55 Jahre nach dem Volksaufstand, am 17. Juni 2008, wurde ein Mahnmal für die Opfer des Aufstandes auf dem Postplatz feierlich enthüllt. Das von der Dresdner Künstlerin Heidemarie Dreßel geschaffene Mahnmal besteht aus einer 5,70 Meter langen Kette eines russischen T34-Panzers. Die Kette ist im Gehweg in ein Sandbett eingelassen und bäumt sich am Ende 1,70 Meter in die Höhe. Eine davorliegende Bodenplatte trägt eine Inschrift.

Inschriften

Plakette am Denkmal: VOLKSAUFSTAND / 17. Juni 1953 // Heidemarie Dreßel / in Kooperation mit dem / Förderverein Militärhistorisches Museum Dresden // Landeshauptstadt Dresden. 2008

Bodenplatte vor dem Denkmal: Zur Erinnerung an den Volksaufstand in der DDR // Hier auf dem Postplatz demonstrierten / am 17. Juni 1953 / tausende Dresdnerinnen und Dresdener für Demokratie, / freie Wahlen und gegen die Willkür der kommunistischen Diktatur. / Nach der gewaltsamen Niederschlagung des Aufstandes / wurde viele von ihnen inhaftiert und verurteilt.

Standort

Dresden, Annenstraße/ Ecke Marienstraße

 

Die 2003 enthüllte Gedenktafel soll der Opfer des Volksaufstandes im sächsischen Freiberg erinnern.
Die 2003 enthüllte Gedenktafel soll der Opfer des Volksaufstandes im sächsischen Freiberg erinnern. © Bundesstiftung Aufarbeitung / Melanie Weber

Freiberg. Wie in vielen anderen Städten der DDR streikten um den 17. Juni 1953 im sächsischen Freiberg die Bauarbeiter. In diesen Tagen waren allein 1 300 Arbeiter der Bau-Union Dresden auf der Baustelle für die Zinkhütte Freiberg beschäftigt. Sie diskutierten über die Ereignisse in Berlin, wo am Tag zuvor bereits die Bauarbeiter der Stalinallee in den Streik getreten waren. Am Morgen des 18. Juni 1953 erschienen einzelne Brigaden nicht zur Arbeit und erzwangen eine Betriebsversammlung. Etwa 90 Prozent der Belegschaft der Zinkhütte beteiligten sich schließlich am Streik für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen, freie Wahlen und die Absetzung der Regierung. Am 19. Juni kam es zu tumultartigen Szenen, weil die Kreisparteileitung zuvor gemachte Zusagen nicht einhielt. Insbesondere die politischen Forderungen wurden nicht erfüllt. Mindestens neun Personen, darunter die Streikleitung, wurden verhaftet. Die streikenden Bauarbeiter der Zinkhütte Freiberg wurden der Reihe nach entlassen, die Bauarbeiten abgebrochen und erst ein Jahr später wiederaufgenommen.

Seit 1990 gedenkt das mittelsächsische Freiberg alljährlich den Opfern des Volksaufstandes von 1953. Auf Initiative von Melanie Weber vom Forum 91 Freiberg e. V. wurde anlässlich des 50. Jahrestages des Volksaufstandes am historischen Ort in Freiberg eine Gedenktafel enthüllt.

Inschrift

Volksaufstand / 17. Juni 1953 // Zum Gedenken an den / Widerstand gegen die / SED-Diktatur in der / Hütte Freiberg

Standort

Freiberg, Alfred-Lange-Straße (Gelände der Saxonia GmbH)

 

Am 17. Juni 1993 wurde am Görlitzer Amtsgericht eine Gedenktafel zur Erinnerung an die Opfer des Volksaufstands angebracht.
Am 17. Juni 1993 wurde am Görlitzer Amtsgericht eine Gedenktafel zur Erinnerung an die Opfer des Volksaufstands angebracht. © Bundesstiftung Aufarbeitung / Oliver Boyn

Görlitz. In der sächsischen Industriestadt Görlitz mit damals über 100 000 Einwohnern wurde am 17. Juni 1953 der Macht- und Unterdrückungsapparat der SED, wie in keiner anderen Stadt, für einen Tag völlig außer Kraft gesetzt. Die spontane Protestbewegung wuchs innerhalb weniger Stunden zum politischen Aufstand mit einer breiten sozialen Basis. Die Initiative zum Streik ging in Görlitz von jungen Arbeitern der LOWA aus, einem Großbetrieb des Lokomotiv- und Waggonbaus, in dem in zwei Werken insgesamt 4 000 Menschen beschäftigt waren. Sie riefen alle Betriebsangehörigen auf, sich mit den Berliner Arbeitern solidarisch zu erklären, und forderten Preissenkungen, höhere Löhne und die Abschaffung der Normen. Danach zogen die Streikenden zum VEB Maschinenbau (EKM), wo bereits Forderungen nach Rücktritt der Regierung, freien und geheimen Wahlen sowie nach Absetzung der SED- und Gewerkschaftsfunktionäre laut geworden waren. Gemeinsam zogen Waggon- und Maschinenbauer vor weitere Betriebe, deren Belegschaften sich Größtenteils in den Demonstrationszug einreihten. Schon in den Vormittagsstunden versammelten sich auf den Straßen und Plätzen von Görlitz tausende Menschen, die mit den Demonstranten ins Zentrum strömten. Auf dem Obermarkt, dem zentralen Platz der Stadt, der damals Leninplatz hieß, fand gegen 11.30 Uhr eine Protestkundgebung statt, die von einer überbetrieblichen Streikleitung spontan organisiert worden war. Demonstranten besetzten die Anlage des Stadtfunks und übertrugen die Kundgebung. Oberbürgermeister Ehrlich wurde aufgefordert, „zur verbrecherischen Politik der SED und der Regierung der DDR“ Stellung zu nehmen. Nach seinen agitatorischen Floskeln über „ernste Fehler der Partei“ wählten die Einwohner von Görlitz per Akklamation öffentlich ihren Oberbürgermeister ab. Im weiteren Verlauf gründete sich ein Stadtkomitee aus 20 Freiwilligen, das als provisorische Stadtverwaltung fungierte. Dieses stellte eine Bürger- und Arbeiterwehr auf, die mit Armbinden versehen, jedoch unbewaffnet, im Stadtgebiet für Ordnung sorgen sollte. In den nächsten Stunden wurden alle Gebäude, die als Symbole der Macht galten, von den Demonstranten ohne größeren Widerstand besetzt, darunter auch die Kreisdienststelle des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) und die beiden örtlichen Haftanstalten. Hier befreiten die Demonstranten 416 Gefangene, mehr als in jeder anderen Stadt. Bis zum Nachmittag hatten sich zwischen 30 000 und 40 000 Menschen in der Innenstadt eingefunden, um an der angekündigten Kundgebung und Demonstration teilzunehmen, darunter auch viele aus umliegenden Orten und Betrieben des Landkreises. Es wurde der Befehl Nr. 1 verlesen, der vom Chef der Garnison der Stadt Görlitz, Generalmajor Schmyrew, und dem Militärkommandanten der Stadt Görlitz, Gardeoberst Klepikow unterzeichnet worden war: „Ab 15.00 Uhr des 17. Juni 1953 wird in der Stadt Görlitz der Belagerungszustand (…) verhängt.“ Dennoch begann die Kundgebung auf dem Obermarkt. Als Oberbürgermeister wurde der Arzt Dr. Hütter vorgestellt, und der Altsozialdemokrat Max Latt gab die Bildung eines Initiativkomitees zur Gründung der SPD bekannt. Eine aus Löbau eintreffende Einheit der Kasernierten Volkspolizei beendete nach 16 Uhr die Besetzung des Rathauses. Die Massendemonstration wurde jedoch erst gegen 18 Uhr durch das Eintreffen sowjetischer Panzer aufgelöst.

Am 17. Juni 1993 wurde auf Initiative von Mitgliedern des Bautzen-Komitees in der Stadt Görlitz eine Gedenktafel für die Opfer des 17. Juni 1953 enthüllt. Seitdem finden an dieser Stelle alljährlich Kranzniederlegungen statt.

Anlässlich des 50. Jahrestages des Volksaufstandes wurde am 17. Juni 2003 der Platz zwischen Kaisertrutz, Humboldthaus, Reichenbacher Turm und Obermarkt in „Platz des 17. Juni“ umbenannt.

Inschrift

Zum Gedenken / an die Opfer / des Volksaufstandes / 17. Juni 1953 / in Görlitz und Umgebung

Standort

Görlitz, Amtsgericht, Postplatz 18

 

Der ins Straßenpflaster eingelassene Bronzeabdrucks von Panzerketten erinnert an die gewaltsame Niederschlagung des Volksaufstands.
Der ins Straßenpflaster eingelassene Bronzeabdrucks von Panzerketten erinnert an die gewaltsame Niederschlagung des Volksaufstands. © Bundesstiftung Aufarbeitung / Oliver Boyn

Leipzig. Im damaligen DDR-Bezirk Leipzig kam es am 17. Juni 1953 in allen dreizehn Kreisen zu Demonstrationen, Arbeitsniederlegungen und größeren Unruhen. Nach Angaben der Volkspolizei soll sich in 28 Großbetrieben die Mehrheit der insgesamt 120 300 Beschäftigten an den Streiks beteiligt haben. Im Leipziger Umland fanden vor allem an den Industriestandorten Schkeuditz, Delitzsch, Böhlen und Eilenburg Streiks und Demonstrationen statt. Leipzig gehörte neben Berlin und Halle zum Zentrum der Streikbewegung. So wurde auch der am 17. bzw. 18. Juni 1953 durch die sowjetische Besatzungsmacht ausgerufene Ausnahmezustand in den drei Städten noch bis zum 11. Juli aufrechterhalten.

In Leipzig begannen die Arbeitsniederlegungen in den Morgenstunden des 17. Juni. Streikleitungen bildeten sich, und Demonstrationszüge bewegten sich seit dem Vormittag aus den Fabriken in Richtung Stadtzentrum. Auf Transparenten solidarisierten sich die Streikenden mit den Berliner Arbeitern. Sie verlangten neben wirtschaftlichen Verbesserungen, wie z. B. Senkung der Arbeitsnormen und bessere Versorgung, auch politische Veränderungen: Die Absetzung der Regierung, freie Wahlen, Zulassung aller Parteien und die Freilassung aller politischen Gefangenen wurden gefordert. Wie an anderen Orten auch, stürmten die Demonstranten am frühen Nachmittag die Institutionen der Macht. Gebäude der SED, der FDJ und des FDGB, aber auch der „Leipziger Volkszeitung“ und des Gerichtes wurden besetzt. Gegen 16 Uhr wurde der Ausnahmezustand verhängt, und sowjetische Panzer rollten ins Zentrum der Stadt. Die etwa 40 000 bis 100 000 Demonstranten leisteten dennoch bis in den Abend hinein Widerstand. Zwischen 15 und 16 Uhr wurde der 19-jährige Dieter Teich vermutlich durch einen Volkspolizisten erschossen. Bis zum Abend erhöhte sich die Zahl der Getöteten auf drei; verletzt wurden ca. 120 Personen. Nur mit großer Anstrengung gelang es den Besatzungstruppen und der Volkspolizei, Leipzig in den folgenden Tagen wieder unter Kontrolle zu bringen. Drei Arbeiter wurden nach der Niederschlagung des Aufstandes wegen Beteiligung an den Streiks vom sowjetischen Militärkommandanten zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Anlässlich des 50. Jahrestages des Volksaufstandes legte der Förderverein für ein Denkmal zum Volksaufstand vom 17. Juni 1953 e. V. am 17. Juni 2003 an der Nordseite des Alten Rathauses hinter der Alten Börse in Leipzig den Grundstein für ein Denkmal. Eine Tafel im Fußweg trägt die Inschrift „17. Juni 1953“. Das fertige Denkmal wurde am 9. November 2003 vom Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, Wolfgang Tiefensee, der Öffentlichkeit übergeben. Ein in das Straßenpflaster eingelassener drei mal vier Meter großer Bronzeabdruck von Panzerketten erinnert an die gewaltsame Niederschlagung des Aufstandes in Leipzig durch die sowjetischen Streitkräfte.

Inschrift

17. Juni 1953

Standort

Leipzig, Salzgäßchen

 

Im Zuge des Protestgeschehens versuchten die Aufständischen 1953 Gefangene aus der Untersuchungshaftanstalt des MfS zu befreien.
Im Zuge des Protestgeschehens versuchten die Aufständischen 1953 Gefangene aus der Untersuchungshaftanstalt des MfS zu befreien. © Bundesstiftung Aufarbeitung / Oliver Boyn

Leipzig. Das Gebäude, in dem das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) in Leipzig seine Untersuchungshaftanstalt (UHA) unterhielt, wurde von Hugo Licht entworfen und 1880 erbaut. Die UHA lag im Justiz- und Gefängniskomplex zwischen Dimitroff-, Harkort- und Beethovenstraße sowie Petersteinweg und war über einen Zugang direkt mit dem Revier der Volkspolizei (VP) verbunden. Dieser Umstand wurde von der Staatssicherheit genutzt, Verdächtige „zur Klärung eines Sachverhalts“ bei der Volkspolizei vorzuladen und von dort aus ohne Umweg der Stasi-Untersuchungshaftanstalt zuzuführen. In der UHA herrschten verschärfte Haftbedingungen. Freigang war nur in kleinen Boxen möglich. Die Gefangenen wurden nur mit ihrer Nummer angesprochen, konnten nicht arbeiten, hatten tagsüber Liegeverbot und durften abends nicht lesen. 98 Untersuchungshäftlinge und 22 Strafgefangene konnte die UHA aufnehmen. Dafür existierten 41 Doppelzellen, vier Viererzellen, zwei Durchsuchungszellen sowie eine Isolierzelle. Wer als politischer Gefangener vor seiner Verurteilung in einer UHA des MfS einsaß, war für die Außenwelt regelrecht verschwunden. Auch engste Verwandte wussten oft lange nichts über den Verbleib der Inhaftierten.
In den 1990er Jahren wurde das Gebäude restauriert und außen weitgehend in den Zustand seiner Erbauung zurückversetzt. Seit 1997 wird es als Polizeigewahrsam genutzt. Der originalgetreue Nachbau einer Zelle der UHA kann heute in der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ besichtigt werden.

Auf Initiative des Bundes der Stalinistisch Verfolgten e.V. (BSV) in Sachsen wurde am 24. Februar 1994 gemeinsam mit dem Oberbürgermeister der Stadt Leipzig und dem Stadtpräsidenten am Gebäude der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt eine Gedenktafel eingeweiht.

Das Teilstück der Beethovenstraße vor der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt des MfS wurde 2003 anlässlich des 50. Jahrestages des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 in „Straße des 17. Juni“ umbenannt. Hier versuchten die Aufständischen 1953, die Gefangenen zu befreien. Dabei gab es auch das erste Leipziger Todesopfer: Der 19-jährige Dieter Teich wurde noch vor der Verhängung des Ausnahmezustandes vermutlich von einem Volkspolizisten erschossen.

Inschrift

Im Gedenken / Den Opfern der Gewalt-/ herrschaft / 1933 – 1945 und 1945 – 1989 / Bürger der Stadt Leipzig

Standort

Leipzig, Straße des 17. Juni 2

 

Die Gedenktafel an die Opfer des 17. Juni 1953 in Niesky befindet sich am einstigen Sitz der Kreisdienststelle des MfS.
Die Gedenktafel an die Opfer des 17. Juni 1953 in Niesky befindet sich am einstigen Sitz der Kreisdienststelle des MfS. © André Schulze / André Schulze

Niesky. Die größten Proteste erlebten am 17. Juni 1953 im damaligen Bezirk Dresden die Städte Dresden, Görlitz, Niesky und Riesa. In der etwa 8 000 Einwohner zählenden Kleinstadt Niesky gab es 1953 zwei große Betriebe: den VEB LOWA, in dem Güterwagen produziert wurden, und den VEB Stahlbau Niesky. Insgesamt arbeiteten dort etwa 4 000 Menschen. Schon am Morgen des 17. Juni herrschte in der LOWA Unruhe. SED-Agitatoren versuchten, nach einer Belegschaftsversammlung weitere „Zusammenballungen“ zu verhindern. 600 bis 800 Belegschaftsangehörige beschlossen dennoch, die Arbeit niederzulegen. Am Nachmittag marschierten die Beschäftigten zum VEB Stahlbau, dessen Arbeiter sich den Streikenden aus der LOWA anschlossen. Beim Rat des Kreises Niesky verlangte eine Abordnung der Arbeiter die Absetzung des LOWA-Betriebsleiters und die Wiedereinsetzung seines Vorgängers. Vor dem Gebäude der SED-Kreisleitung wurde der Sturz der Regierung gefordert. Schließlich stürmte die aufgebrachte Menschenmenge das Haus. Transparente, Fahnen und Embleme wurden auf der Straße verbrannt. Gegen 16 Uhr versammelten sich erste Demonstranten auch vor dem Sitz der Kreisdienststelle des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Niesky. Es waren mittlerweile mehr als 1 200 Menschen zusammengekommen, darunter vor allem streikende Arbeiter. Erst am Abend beendete ein Kommando der Kasernierten Volkspolizei die Besetzung des Gebäudes. Danach wurde gegen 21 Uhr der Ausnahmezustand über den Kreis Niesky verhängt. Nun marschierten auch sowjetische Soldaten mit Panzern in Niesky ein. Am Morgen des 18. Juni erschienen im LOWA-Werk alle drei Schichten gleichzeitig, ohne die Arbeit aufzunehmen. Die Beschäftigten forderten nun die Freilassung von sechs festgenommenen Kollegen. Sowjetische Soldaten versuchten immer wieder unter Androhung von Waffengewalt, die Wiederaufnahme der Arbeit zu erzwingen, was jedoch erst am 19. Juni erreicht werden konnte. Im sogenannten „Nieskyer Prozess“ im Juli 1953 wurde vor dem Bezirksgericht Dresden gegen 16 Angeklagte aus Niesky und Umgebung verhandelt. Ein Angeklagter wurde als „Organisator“ des Sturms auf die MfS-Dienststelle zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt, die Übrigen erhielten Gefängnisstrafen zwischen sechs Monaten und 13 Jahren. Die meisten Verurteilten mussten mehr als zwei Drittel der Strafe verbüßen.

Zum Gedenken an die Opfer des Volksaufstandes wurde am früheren Sitz der Kreisdienststelle des MfS in Niesky anlässlich des 40. Jahrestages eine Gedenktafel eingeweiht.

Inschrift

17. Juni 1953 / Der Tag des Volksaufstandes / gegen das SED-Regime / Wir gedenken der Opfer

Standort

Niesky, Horkaer Straße 15

 

In der Nähe seines Geburtshauses erinnert eine Gedenktafel an das Schicksal von Alfred Wagenknecht.
In der Nähe seines Geburtshauses erinnert eine Gedenktafel an das Schicksal von Alfred Wagenknecht. © Bundesstiftung Aufarbeitung / Helga Urban

Rothenburg. Arbeiter der Bauunion Süd-Bremenhain organisierten am 18. Juni 1953 eine Demonstration vor der Kommandantur der Grenzpolizei; Rothenburg liegt direkt an der Grenze zu Polen. Sie forderten die Freilassung von drei Gefangenen und stürmten schließlich das Gebäude. Der Rat des Bezirkes identifizierte den Fuhrunternehmer Alfred Wagenknecht als „Rädelsführer“ u.a. deshalb, weil dieser am 17. Juni auf seinem LKW einen befreiten Untersuchungshäftling aus Görlitz mitgenommen haben soll. Am 19. Juni wurde Wagenknecht verhaftet und in das Gefängnis nach Niesky gebracht, wo er nach Angaben der Polizei zwei Tage später in seiner Zelle erhängt aufgefunden worden sei. Wagenknechts Ehefrau ließ daraufhin den Sarg von einem Arzt öffnen. Dieser konnte jedoch keine Strangulierungsmerkmale an der Leiche finden, dafür aber Verbrennungen sowie innere Verletzungen und Wunden am Kopf. Zur Beerdigung wenige Tage später versuchten die Einwohner Rothenburgs eine Demonstration durchzuführen, weil sie die Geschichte vom Selbstmord Wagenknechts für eine Lüge hielten. Sicherheitskräfte verhinderten zwar die Demonstration, aber nicht das zehnminütige Läuten der Kirchenglocken während der Überführung der Leiche.

Seit dem 17. Juni 2000 erinnert in der Nähe des Geburtshauses von Alfred Wagenknecht ein Gedenkstein mit einer Tafel an das Schicksal des Mannes. Im Jahre 2001 wurde hier eine weitere Tafel mit ausführlicheren Informationen über den Volksaufstand eingeweiht.

Inschrift

Auf der 2000 errichteten Gedenktafel: Gerechtigkeit wird nur dort / herrschen, wo sich die vom / Unrecht nicht Betroffenen / genauso entrüsten wie die / Beleidigten. / (Platon) // Dieser Stein ist / Alfred Wagenknecht / gewidmet, / stellvertretend für alle Opfer / von Gewaltherrschaft.

Auf der 2001 errichteten Gedenktafel: Alfred Wagenknecht (1904–1953) // Alfred Wagenknecht war ein angesehener / selbständiger Fuhrunternehmer aus Rothenburg. / Er wurde am 19. Juni 1953 als angeblicher / „Rädelsführer“ im Zusammenhang mit den / Ereignissen des 17. Juni 1953 in Rothenburg / inhaftiert. Nach zwei Tagen Gefängnisaufenthalt / in Niesky war Alfred Wagenknecht tot. Er war / während seiner Haft schweren körperlichen Misshandlungen ausgesetzt. // Der Volksaufstand am 17. Juni 1953 / Der Juniaufstand begann mit Protesten / Ostberliner Bauarbeiter gegen eine generelle / Erhöhung der Arbeitsnormen durch die / SED-Führung. Die Normerhöhung war durch die / Einheitsgewerkschaft gebilligt worden. Diese / Proteste weiteten sich im Laufe des 17. Juni / schnell zu einer allgemeinen Aufstandbewegung / aus. Neben der Herabsetzung der Arbeitsnormen / forderten die Demonstranten insbesondere den / Rücktritt der Regierung sowie die Abhaltung / freier demokratischer Wahlen. Der Aufstand / wurde im Verlauf des 17. Juni durch das / stalinistische SED-Regime mit Hilfe / sowjetischer Truppen niedergeschlagen. / Bilanz: 1386 zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilte / 21 vollstreckte Todesurteile. / (Text nach Brockhaus-Enzyklopädie 19. Auflage)

Standort

Rothenburg, Schmiedegasse

 

In Taucha erinnert seit 2013 ein Gedenkstein an den Volksaufstand.
In Taucha erinnert seit 2013 ein Gedenkstein an den Volksaufstand. © Birgit Richter / Birgit Richter

Taucha. Der 17. Juni 1953 war auch im sächsischen Taucha ein Schicksalstag. Die Arbeiter der ortsansässigen Eisengießerei versammelten sich, um für die Freilassung ihres zuvor inhaftierten Chefs, Walter Klug, und gegen die geforderte Normenhöhung zu protestieren. Schnell wurden auch hier Forderungen nach Freiheit und einem Ende der SED-Herrschaft laut. Der Protestzug bahnte sich seinen Weg von der Gießerei über die Leipziger Straße bis hin zum Markt der Stadt Taucha, ehe er gewaltsam niedergeschlagen wurde.

60 Jahre nach dem Volksaufstand, am 17. Juni 2013, wurde an der Kreuzung der heutigen Gießereistraße und der Straße des 17. Juni ein Gedenkstein eingeweiht. Initiiert hatte den Stein CDU-Stadtrat Klaus-Dieter Münch, der damals selbst an einem Protestzug in Leipzig teilgenommen hatte. Vor dem etwa einen Meter hohen Gedenkstein steht eine Tafel mit einer Inschrift. Eine weitere Informationstafel des Heimatvereins Taucha e.V. neben dem Gedenkstein skizziert stichwortartig die Ereignisse in Taucha am 17. Juni 1953.

Die Informationstafel neben dem Gedenkstein skizziert die Ereignisse des 17. Juni 1953 in Taucha.
Die Informationstafel neben dem Gedenkstein skizziert die Ereignisse des 17. Juni 1953 in Taucha. © Birgit Richter / Birgit Richter

Inschrift

Auf der Tafel vor dem Gedenkstein: 17. Juni 1953

Auf der Informationstafel: Der Volksaufstand vom 17. Juni 1953 / Ausweitung eines Streiks von Berliner Bauarbeitern gegen unsoziale Maßnahmen und / Normerhöhungen durch die Regierung der DDR unter Walter Ulbricht zu Protestdemonstrationen / und zum Volksaufstand in vielen Städten der DDR. //
Beteiligung von Taucha mit Beginn eines Streiks in der „Eisengießerei Walter Klug“ im Gerichtsweg. / Friedlicher Demonstrationszug durch Taucha zum Markt. / Großdemonstrationen vor dem ehemaligen Rathaus, nur wenige tätliche Auseinandersetzungen und / Sachbeschädigungen; schließlich Auflösung der Demonstration. //

Mit/nach Niederschlagung des Volksaufstandes in Taucha einzelne Verhaftungen und Verurteilungen, / Flucht etlicher aus Angst vor Repressalien in die Bundesrepublik. //

Nach der friedlichen Revolution 1990: //

Benennung einer Straße mit „Straße des 17. Juni“ (1997), Anbringung einer Tafel am Wohnhaus / Gerichtsweg 9 (2003). //

Einweihung der Gedenkstätte (2013) //

Der Heimatverein bedankt sich bei allen Sponsoren!

Standort

Taucha, Straße des 17. Juni

 

Die Eisengießerei Walter Klug war bis 1952, als das Unternehmen ins Visier der SED geriet und verstaatlicht wurde, einer der größten Arbeitgeber in Taucha.
Die Eisengießerei Walter Klug war bis 1952, als das Unternehmen ins Visier der SED geriet und verstaatlicht wurde, einer der größten Arbeitgeber in Taucha. © Bundesstiftung Aufarbeitung / Oliver Boyn

Taucha. Einer der größten Arbeitgeber in Taucha war 1952 die von Walter Klug 1934 gegründete Eisengießerei, in der 120 Menschen beschäftigt waren. 1952 geriet der Unternehmer ins Visier der SED, die sein Unternehmen verstaatlichen wollte. Im November desselben Jahres wurde Walter Klug verhaftet. Ihm wurde vorgeworfen, aus der ihm gehörenden Betriebsküche 22 Flaschen Öl, 99 Eier und zwölf Stück Butter für den privaten Gebrauch abgezweigt zu haben. Dies diente als Vorwand dafür, Klug als „Feind des Sozialismus“ zu verfolgen und zu verhaften. Das Unternehmen wurde unter treuhänderische Verwaltung durch einen SED-Genossen gestellt, der den Auftrag hatte, den Betrieb in den Konkurs zu führen, um ihn so verstaatlichen zu können.

Auch die Arbeiter der Eisengießerei wurden durch die Normerhöhung im Mai und Juni 1953 getroffen. Sie sollten ihre Erschwerniszulagen für die Arbeit an den Schmelzöfen verlieren, was einer zehnprozentigen Lohnkürzung gleichkam. Als die Arbeiter am 17. Juni 1953 von den Ereignissen in Berlin hörten, fuhren sie die Schmelzöfen herunter und traten ebenfalls in den Streik. Sie zogen in einer spontanen Demonstration vom Werksgelände zum Marktplatz von Taucha, riefen „Nieder mit der SED“ und forderten die Zahlung der Erschwerniszulage wie bisher sowie die Freilassung von Walter Klug. Sechs Arbeiter wurden auf dem Marktplatz verhaftet. Am Morgen des 18. Juni wurde Klug überraschend freigelassen, woraufhin die Arbeiter in der Gießerei ihre Arbeit wiederaufnahmen. Seine Firma durfte er allerdings nicht mehr leiten. 1955 wurde für sein Unternehmen Konkurs angemeldet, der Betrieb eingestellt und das Grundstück verstaatlicht. 1956 verließ die Familie Klug die DDR.

Gedenktafel zur Erinnerung an den couragierten Arbeiteraufstand der ehemaligen Eisengießerei Walter Klug am 17. Juni 1953.
Gedenktafel zur Erinnerung an den couragierten Arbeiteraufstand der ehemaligen Eisengießerei Walter Klug am 17. Juni 1953. © Bundesstiftung Aufarbeitung / Oliver Boyn

Eine Tochter Klugs, Christine Afifi, kehrte 1990 nach Taucha zurück und erreichte nach mehrjährigem Rechtsstreit die Rückgabe des früheren Firmengeländes in den Familienbesitz. Sie ließ zwei Gedenktafeln anbringen, um an das dort ansässige Unternehmen und die Ereignisse vom 17. Juni 1953 zu erinnern.

Inschrift

Erste Tafel: Eisengießerei Walter Klug / bis 1952

Zweite Tafel: Erinnerung an den / 17. Juni 1953 / für den mutigen Aufstand der Arbeiter / der Eisengießerei Walter Klug

Standort

Taucha, Gerichtsweg 9

Seit dem 17. Juni 2004 trägt der Bahnhofsvorplatz in Zittau den Namen „Platz des 17. Juni“. Man sieht eine Gruppe von Menschen mit Blumengestecken
Seit dem 17. Juni 2004 trägt der Bahnhofsvorplatz in Zittau den Namen „Platz des 17. Juni“. © Bundesstiftung Aufarbeitung / Ruth Gleinig

Zittau. Im Jahr 1953 war die Versorgungslage im Kreis Zittau im Vergleich zu anderen Kreisen des damaligen Bezirks Dresden deutlich schlechter, weshalb die Menschen zum Einkauf in die benachbarten Kreisstädte fahren mussten. In dem Industriekreis südöstlich von Dresden gab es mehrere große Textilbetriebe, Fahrzeugindustrie und das Braunkohlewerk Hirschfelde. Der größte Arbeitgeber war mit etwa 4 000 Beschäftigten das IFA-Werk Phänomen Zittau, in dem Nutzfahrzeuge hergestellt wurden. Im ersten Quartal 1953 waren die Produktionszahlen des Betriebes jedoch die niedrigsten im gesamten Bezirk, was zu hohen Lohnausfällen führte. Am 17. Juni 1953 kam es auch in Zittauer Werken zu spontanen Versammlungen. Mittags wurde im IFA-Werk II in Seifhennersdorf einstimmig eine Resolution verabschiedet, in der man freie, geheime, demokratische Wahlen, die Senkung der Lebensmittelpreise, eine einheitliche Einstufung der Bevölkerung für die Lebensmittelkarten und die Reduzierung hoher Gehälter forderte. Ab 16 Uhr wurde über Zittau der Ausnahmezustand verhängt. Am 18. und 19. Juni wurden Betriebsangehörige des IFA-Werkes verhaftet, woraufhin am 19. Juni die Früh- und Normalschicht in den Streik trat. Auch auf ihren Forderungen gegenüber der SED beharrten die Arbeiter weiter. Sowjetische Soldaten umstellten daraufhin das Zittauer Phänomen-Werk und zwangen die Arbeiter unter vorgehaltener Waffe zur Arbeitsaufnahme. Damit war der Streik beendet. In den folgenden Wochen sammelten die Arbeiter Geld für die Angehörigen der Inhaftierten; viele traten aus der Gewerkschaft aus.

Aus Anlass des 50. Jahrestages des Volksaufstandes wurde in Zittau am 17. Juni 2003 eine Gedenktafel enthüllt. Am 17. Juni 2004 wurde der Bahnhofsvorplatz von Zittau in „Platz des 17. Juni“ umbenannt.

Inschrift

Zum Gedenken / an den Volksaufstand / 17. Juni 1953

Standort

Zittau, Bahnhofstraße 27

 

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